DIE CHRONIKEN DES ASHARAKIDEN. Erste Chronik. Erzählung: <Paul>. Band III.
E-VERLAG. BERLIN seit 1998. Verlagsnummer: 03P/05-12-91
Erzählung: <Paul>. Band III.
MobilVerlag (¿.) Berlin 2008. 01Sep2009. ©Harald Settele
Erste Chronik
Inhalt:
I.Buch: Die frühe Besiedelung
II.Buch: Die pelojakidische Einwanderung
III.Buch: Die Pelojakiden
IV. Buch: Die Sasukiden
V.Buch: Die Shuimakiden
VI.Buch: Der erste Shuimakidische Krieg
Zeittafel
I. Buch
Die frühe Besiedelung
1. 5000 Jahre vor der Gründung des Reiches Ashara lag das Land zwischen den zwei großen Gebirgen, in dessen Norden Ashara liegt, noch völlig unberührt. Während sich um das sonnige Südmeer, das mehrere Wochenreisen entfernt südlich des großen Scheidegbirges liegt längst schon mächtige Kulturen ausgebreitet hatten, waren die Länder des Nordens noch unbekannt geblieben. Den alten Südmeerkulturen waren nur die Ländereien bis zum großen Scheidegebirge in ihrem Norden bekannt, welches aber die Südgrenze des von uns beschriebenen Raums darstellt. Dort hatten sie Halt gemacht. Sie hielten es für den Sitz der Götter und das nördliche Ende der zivilisierbaren Welt. Unser gesamter Raum jedoch, der im Norden hinter dem Scheidegebirge beginnt und sich bis zum Kettengebirge in seinem Norden und den Hochebenen dahinter erstreckt, war unbekannt. Man glaubte in den Südmeerreichen damals nicht, daß sich hinter den Gipfeln des Scheidegebirges mit seinem ewigen Schnee und seinen Stürmen noch Land befinden könnte, das für die Menschen bewohnbar war.
In nördlicher Richtung hinter dem Scheidegebirge erstrecken sich jedoch die unendlichen, fruchtbaren Ebenen Sasus. Sie dehnen sich über 1100 Meilen hin, ein gewaltiges Flachland, das von unermeßlichen Herden wilder Steppentiere bedeckt war. In den Sümpfen dieser Steppen finden wir noch heute oft Skelette von Antilopen, Büffeln und Raubtieren, die heute in dieser Region längst ausgestorben sind. Diese weiten Ebenen bilden den Süden unseres Landes, das hier beschrieben werden soll.
1100 Meilen weiter nördlich gehen diese Ebenen in die sanften Grashügel über, die, noch in den Landschaften Sasus beginnend, sich im Süden von Asharas Landschaften fortsetzen. Weiter nördlich werden sie von einzelnen Wäldchen bedeckt. Die Küstenlinie des milden Westmeers, die im Westen diese Landschaft begrenzt, wird langsam steiniger. Natürliche Häfen und tiefe Buchten mehren sich, bis diese Küste allmählich in die fjordreiche Küstenlinie des Nordmeers übergeht und die Küste des Kettengebirgsvorlandes bildet. Dort, im Nordwesten des heutigen Ashara, erhebt sich an Asharas Nordgrenze das nördliche Kettengebirge steil aus dem Nordmeer, verläuft zunächst geradlinig nach Osten und neigt sich nach etwa 1000 Meilen landeinwärts gen Südosten und schließlich südlich, um die Ostgrenze des von uns beschriebenen Raumes zu bilden.
Dieser Raum wird also im Süden vom großen Scheidegebirge, im Westen von den Küstenlinien des West- und des Nordmeeres und im Norden und Osten vom nördlichen Kettengebirge begrenzt. Das Westmeer an den südlichen Ebenen hat keine natürlichen Häfen, sondern ausschließlich ausgedehnte Sandstrände. Am Grasland steigt das Land nur allmählich in die typischen Hügel auf, doch mehren sich nach Norden kleine Buchten. Weiter im Norden, wo die Grashügel allmählich höheren Bergen weichen, die von mächtigen Wäldern bewachsen sind, nennt man das Meer Nordmeer. Seine Küste hat zahlreiche natürliche Häfen und Buchten, die an der Küstenlinie des Kettengebirgsvorlandes in mächtige Fjorde übergehen, die bis zu 200 Meilen weit ins Land greifen. Die steilen Berge mit ihren mächtigen Wäldern stehen bis hart an der Küste des Nordmeers und erstrecken sich bis zur Landsenke am Fuße des Kettengebirges, hinter welchem sich im Norden wie im Osten die Hochebenen anschließen. Diese Hochebenen bilden die Landschaften von Monakija.
2. In die südlichen Ebenen nördlich des großen Scheidegebirges gelangten schließlich Hirten. Wir wissen nicht woher sie kamen, noch wann sie begannen die Ebenen zu bevölkern. Sie haben uns selbst keine schriftlichen Überlieferungen hinterlassen, denn sie waren der Schrift nicht kundig. Die Richtung aus der sie die Ebenen besiedelten ist nicht mehr feststellbar, es liegen uns heute aus allen Gegenden der Ebenen frühe Funde vom im Sumpf versunkenen Ansiedlungen vor, die nicht genau datiert werden können. Allein aus Chroniken der viel später eingewanderten Pelojakiden können wir vorsichtig schätzen, daß diese Besiedlungswelle etwa zwischen 4300 vor Ashara und 4000 vor Ashara stattgefunden hat. Das Leben dieser Hirtenvölker muß noch sehr einfach gewesen sein. Sie scheinen in größeren Sippen und Verbänden umhergezogen zu sein, ihre Dörfer bewohnten sie nur zeitweise, um mit den Herden ihrer halbwilden Rinder weiterzuziehen, wenn ein Gebiet leergeweidet war. Ihre Rinder waren große, stämmige Tiere mit mächtigen Hörnern. Diese Rinderart ist in den Ebenen in späteren Zeiten völlig ausgerottet worden und findet sich nur noch bei den Völkern des Kettengebirges im Norden. Die Tiere waren wohl eine Züchtung aus den Steppenbüffeln der Südebenen und es ist nicht geklärt, wie sie in den Norden gekommen sind. Die Hirten des Südens haben sich in dieser Zeit gen Norden nicht einmal bis ins heutige Ashara ausgebreitet. Sie blieben in den Ebenen, deren milde Winter und sumpfige Grassteppen ihrer Lebensweise entgegenkamen, während Asharas Winter für die Behausungen der Hirten bereits zu hart waren, denn sie bauten primitivste Hütten aus Gras oder legten in flachen Erdhügeln Wohnhöhlungen an. Nie ist in Ashara ein Fund gemacht worden, der von der Anwesenheit der frühen Hirtenvölker gekündet hätte. Ein weiterer Grund für das Ausbleiben einer Verbreitung der Hirtenvölker nach Norden mag gewesen sein, daß die großen Herden der Steppentiere niemals dorthin zogen. Für sie waren die Grashügel eine natürliche Barriere, die sie zu keiner Zeit überwanden. Da sie den Hirten wohl als Beutetiere dienten, beschränkten sich jene auf die Gebiete der Herden.
3. Diese frühen Hirtenvölker in den südlichen Ebenen kannten in der Metallverarbeitung lediglich das Gießen des rohen Eisenerzes, welches sie in den lehmigen Hügeln der Ebenen fanden. Doch hauptsächlich verwendeten sie Steinwerkzeuge, um Rinderhäute zu gerben oder ihre Hütten zu errichten. Sie waren Meister der Lederverarbeitung, stellten Beutel, Kleidung und Saumzeug her, von denen uns Reste bis heute erhalten sind, da diese Gegenstände von den Pelojakiden nach deren Einwanderung und Unterwerfung der Hirtenvölker als Tribute eingefordert wurden und als einbalsamierte Grabbeilagen pelojakidischer Fürsten die Zeiten überdauert haben.
Die einfachen, aus Lehm gebrannten Keramiken der Hirtenvölker waren für die höher zivilisierten Pelojakiden wertlos und sind uns nur aus im Sumpf versunkenen Siedlungen bekannt.
4. Während also die südlichen Ebenen von Hirtenvölkern besiedelt wurden, blieb das heutige asharakidische Gebiet noch vom Menschen unberührt. Doch wir wissen, daß es in den Tälern des nördlichen Kettengebirges seit etwa 4000 v.A. (= vor Ashara) Menschen gab, die wohl in kleinen Gruppen aus dem ewigen Eis des hohen Nordens, von jenseits der Hochebenen Monakijas hinter dem Kettengebirge gekommen sein müssen, denn Skelettfunde zeigen einen den Südhirten völlig unverwandten, robusten, kleinwüchsigen Menschentyp. Wir wissen nicht, ob dieser kleine Menschentyp das Kettengebirge bereits betreten hatte, als die Hirten in die Südebenen einwanderten, oder ob sie später dort Fuß faßten, denn auch sie kannten die Schrift nicht. Doch ihre zeremonialen Felszeichnungen, die in Höhlen des Kettengebirges noch immer sichtbar sind zeigen, daß sie ins Kettengebirge eingewandert sind und nicht schon immer dort lebten.
Ihre Kulturstufe scheint deutlich unter jener der Hirtenvölker der Ebenen gelegen zu haben, denn ihre Felszeichnungen und Werkzeuge, die bis heute überdauert haben sind ungleich grobschlächtiger als vergleichbare Gegenstände oder Zeichnungen der Hirten. Es gibt Berichte der pelojakidischen Epoche über Expeditionen, die bis in die Täler des Kettengebirges vorgedrungen waren, denenzufolge man ein wildes, barbarisches Volk vorfand, das sich in Felle und Wolltücher hüllte, in kleinen Gruppen lebte, aus Steinen und Felsen Häuserhügel aufschichtete und von jener Rinderart lebte, die selbst zu späterer pelojakidischer Zeit in den Ebenen bereits ausgestorben war, da die Pelojakiden in den Ebenen das Hausrind eingeführt hatten. Diese Bergbewohner scheinen jedoch schon früh einzelne, kleine Herrschaftsgebiete geschaffen zu haben. So gab zur Zeit der ersten pelojakidischen Kontakte mit der Region Bergkönige und auch größere, festungsartige Siedlungen, die teilweise in den Fels gehauen waren und das Werk vieler Jahrhunderte sein müssen. Vielleicht ist die Besiedelung dieser Bergvölker so alt wie die der Hirten in den Ebenen, sicher aber annähernd so alt. Die Bergbewohner haben anscheinend nie den Versuch gemacht, nach Ashara abzusteigen um in den Wäldern in dessen Norden zu siedeln. Diese den Bergregionen gegenüber klimatisch so viel günstigeren Regionen müssen ihnen völlig fremdartig und lebensfeindlich erschienen sein. Die dichten nordasharakidischen Wälder eigneten sich nicht für ihre Weidewirtschaft. Die Landsenke, die sich unmittelbar an das Kettengebirge anschließt ist zudem noch heute aufgrund ihrer steilen Berge und scharf eingeschnittenen Flußtäler beinahe unpassierbar. Außerdem lebten auf asharakidischem Gebiet zu dieser Zeit noch viele Raubtiere, die es im Gebirge nicht gab.
In der Religion der Bergvölker war das Gebiet Asharas infolge dessen eine Art Vorhölle. Das Kettengebirge, so berichten es pelojakidische Chroniken, hieß bei ihnen das `Dach der Welt' und der `Thron der Götter'. In einer Felskluft im östlichen Kettengebirge hat man eine immens große Kultstätte der Bergvölker entdeckt, die aus diesen alten Zeiten stammen mag. Eine kultische Einritzung zeigt den `Thron der Götter', das gewaltige Kettengebirge, auf dem furchtbare Göttergestalten kauern und Wolken ballen, Blitze schleudern, sowie durch den Tritt ihrer Füße Lawinen auslösen. Um sie her hüten die Bergbewohner ihre großhörnigen Rinder, und weit unter ihnen beginnt die Hölle, dargestellt als schrillfarbiger Dschungel, in dem gräßliche Raubtiere miteinander kämpfen. Vielleicht finden wir ja eines Tages eine solche Zeichnung, die darstellt wie ein Held der Bergvölker in diese Hölle absteigt und mit einer Anzahl der in den Südebenen gezüchteten Rinder zurückkehrt, um damit den Bergvölkern ihre Nahrungsgrundlage zu bringen. Immerhin scheint es möglich, daß es sich ähnlich abgespielt hat, denn die Büffelart, aus der das Rind eine Züchtung ist, scheint den Bergvölkern vor ihrer Einwanderung ins Gebirge unbekannt gewesen zu sein. Zumindest erscheint auf den Zeichnungen der Bergvölker, die ihre Einwanderung ins Gebirge darstellen nicht eine einzige Darstellung eines Rindes, wiewohl die anderer Haustiere wie solche von Schafen, Ziegen und Hunden, die sie auf ihrer Wanderung mitgebracht hatten. Eine spätere Übernahme des Rindes aus der `Hölle' würde zudem die merkwürdige Mischung aus Ehrfurcht und Schrecken erklären, mit der die Bergvölker das Rind sahen. Es gibt zahllose Darstellungen kultischer Tänze um große Feuer, bei denen ihre Zauberer oder Schamanen, mit Speeren bewaffnet und mit einem Rindskopf mit riesigen Hörnern versehen gesenkten Kopfes aufeinander losgehen. Die Zuschauer der Szene sind wie von einer panischen Furcht ergriffen. Es muß sich bei diesen Tänzen um die Darstellung der `Hölle' gehandelt haben, denn nur in Darstellungen der Hölle finden sich bei den Felszeichnungen der Bergbewohner schrille Farben, die für sie Farben der Hölle gewesen zu sein scheinen. Friedlichere Darstellungen tragen sehr matte Farben, oft sind sie sogar ohne Farbornament lediglich eingeritzt. Es bleibt jedoch zuletzt ein Rätsel, wie das Rind in den Norden gekommen ist, denn zwischen den Ebenen des Südens und dem Kettengebirge liegt immerhin das gesamte, sich etwa 750 Meilen nord-südlich erstreckende asharakidische Gebiet, in dem man nie Skelettfunde gemacht hat, die ein Vorkommen des südlichen Büffelrindes dort bezeugen könnten. Wenn das Rind aus dem Süden in die Täler des Kettengebirges gekommen ist, dann auf schnelle Weise, wie etwa bei einer Karavane. Hätten es siedelnde Gruppen allmählich in den Norden gebracht, so müßten an vielen Stellen in Ashara Skelettfunde gemacht worden sein. Doch weder bei den Hirten des Südens noch bei den Bergvölkern gibt es Hinweise auf irgendeinen Kontakt der beiden Gruppen, und so bleibt es im Dunkeln, wie das Rind in den Norden gekommen ist.
5. Auf die Frage, wie die frühen Bewohner des Landes das wir beschreiben wollen gelebt haben, können wir nur sehr vorsichtige Antworten geben. Wir verfügen nur über wenige Zeugnisse aus dieser Zeit. Während wir über die Hirten des Südens einige pelojakidische Berichte zu Rate ziehen können, liegt uns über die Bergvölker nur der eine, oben erwähnte Expeditionsbericht aus sehr viel späterer Zeit vor. Bei dem extremen Klima der Bergregionen sind sicher auch viele Kulturzeugnisse der frühen Bergbewohner der Erosion anheim gefallen. Nur die aus hartem Felsgestein errichteten Behausungen und Kultstätten der Bergvölker haben die Zeiten teilweise überdauert, und wir sind nicht auf einzelne, spektakuläre Funde von in Sümpfen versunkenen Ansiedlungen angewiesen, wie bei den Hirten der Ebenen, deren Hütten aus einem Holzgerüst mit einer Auflage aus Gras und Zweigen, oder deren Lehmhöhlen die Zeiten natürlich nicht überdauert haben.
Die meisten Gebrauchsgegenstände des Südens haben die Zeiten überdauert, da sie als Tribute in den Besitz der Pelojakiden gelangten. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine selektive Auswahl von qualitativ hochstehenden Gegenständen, die nicht unbedingt für eine bei den Hirten allgemein erreichte Qualität der Fertigung repräsentativ sein muß. Minderwertige Gegenstände aus der Fertigung der Hirtenvölker, welche für die kulturell weit höher stehenden Pelojakiden wertlos waren, mögen einen weit größeren Anteil an der Fertigung der Hirtenvölker ausgemacht haben. Solcherlei Gegenstände sind uns nur aus Funden in den Sümpfen bekannt. Ganz anders im Gebirge. Hier finden wir hauptsächlich Gegenstände des täglichen Gebrauchs, Pfeilspitzen, Schaber, Becher, aber nur in sehr geringer Zahl, da Gegenstände, welche die frühen Bergbewohner herstellten, nicht durch besondere Umstände für die Nachwelt erhalten wurden, sondern hauptsächlich als Grabbeilagen überdauert haben. Diese Gegenstände sind jedoch auch mit den in Sümpfen gefundenen alltäglichen Gebrauchsgegenständen der Südhirten verglichen grobschlächtiger und weniger sorgfältig gearbeitet. Es scheint auch verständlich wenn man sich die viel härteren Lebensbedingungen des Kettengebirges gegenüber den Südebenen vergegenwärtigt.
Da die Bevölkerung der Bergtäler des Kettengebirges jedoch schon sehr früh seßhaft gewesen zu sein scheint, stellen ihre Bauten alle Errungenschaften der Südhirten auf diesem Gebiet weit in den Schatten, die als Halbnomaden nie festere Behausungen errichteten. So finden wir im Kettengebirge noch wenige gut erhaltene Häuser aus der ganz frühen Zeit und im Osten des Gebirges, das in späteren Zeiten lange unbesiedelt blieb, sogar eine Wohnanlage mit über 130 Einzelgebäuden, von denen einige direkt in den Fels gehauen sind. Fast alle dieser Häuser weisen mehrere Räume auf, die nach ihrer jeweiligen Funktion unterschiedlich gestaltet wurden. Die einfachen Hütten der Südhirten dagegen hatten meist nur einen großen Raum, zu dem ein verengter Hausflur führte, der außen an die Hütte angebaut war.
6. Das Leben der frühen Hirten in den südlichen Ebenen war halbnomadisch. Sie scheinen vereinzelt größere Dörfer angelegt zu haben. Eine pelojakidische Chronik spricht von einem lange verlassenen Lagerplatz, auf dem um 3000-4000 Menschen Platz gefunden haben müssen. Jedoch scheinen die Hirten immer wieder gezwungen gewesen zu sein, mit ihren Herden weiterzuziehen. Ein weiterer Grund für ihre halbnomadische Lebensweise könnte ihre Form des Ackerbaus gewesen sein. Sie betrieben noch bei Ankunft der Pelojakiden einen primitiven Hackbau, der die Felder nach kürzester Zeit ausgelaugt haben muß, weswegen sie gezwungen waren, weiterzuziehen. Die Gruppen und Sippenverbände, die dabei beieinander blieben scheinen teilweise sehr groß gewesen zu sein. So sprechen die Pelojakiden in manchen Fällen von umherziehenden Stämmen, die annähernd 20000 Individuen gezählt haben sollen. Über die Organisation der Hirten wissen wir wenig, doch muß sie einigermaßen gut ausgeprägt gewesen sein, wenn sie so große Verbände auf ihren Zügen zusammenhalten konnten, vorausgesetzt, die pelojakidischen Angaben sind nicht allzu hoch gegriffen.
Ob die Hirten das Büffelrind, von dem sie neben Jagd und spärlichem Hackbau lebten, erst in den Ebenen gezüchtet haben oder es bereits dorthin mitgebracht hatten, wissen wir nicht. Es ist aber anzunehmen, dass sie es direkt aus den Steppenbüffeln der Ebenen gezüchtet haben. Es blieb jedoch lange Zeit ihre erste Nahrungsquelle, und erst als die Pelojakiden einen verbesserten Ackerbau eingeführt und die Hirtenvölker unterjocht hatten und für sich arbeiten ließen, wurden diese allmählich seßhaft. Das Büffelrind verlor gegenüber dem genügsameren Hausrind der Pelojakiden an Bedeutung und verschwand im Süden etwa 300 Jahre nach der pelojakidischen Einwanderung. Die Südhirten hatten sich zur Zeit der pelojakidischen Einwanderung bereits über die gesamten Ebenen des Südens verbreitet und waren bis zu den Grashügeln im Norden Sasus vorgestoßen, welche den Übergang von Sasu nach Ashara markieren. Doch sind sie nie bis ins heutige Ashara gekommen und schon in den Grashügeln des nördlichen Sasu waren sie sehr versprengt. Ihre gesamte Anzahl mag wohl eine halbe Million Menschen erreicht haben, bevor die Pelojakiden die Ebenen eroberten. Das ist zwar eine stattliche Zahl, jedoch sind die Ebenen so weitläufig, daß das Gebiet mit einer halben Million Menschen immer noch sehr dünn besiedelt gewesen wäre. Es ist uns nichts aus den pelojakidischen Chroniken über Kämpfe unter den Hirten bekannt geworden. Über ihre Gebräuche und Riten wissen wir ebenso nichts, denn die Pelojakiden schweigen darüber. Wir wissen lediglich, daß die frühen Südhirten Meister der Lederverarbeitung gewesen sind und die Pelojakiden noch lange von dieser Fertigkeit der Hirten profitierten. Den Südhirten sicherte sie auf der anderen Seite ihr Fortbestehen und später sogar eine wichtige Stellung im pelojakidischen Reich.
7. Die Bergvölker des Nordens haben wahrscheinlich früh nach ihrer Ankunft im Kettengebirge damit begonnen, sich vorwiegend aus der Rinderzucht zu versorgen. Ihre größten Fertigkeiten besaßen sie in der Herstellung von Waffen und im Anlegen ihrer Festungen, die oft zum Teil in Fels gehauen waren. Wie diese Tatsachen bereits zeigen, waren die Bergvölker des Kettengebirges ein kriegerisches Volk, dessen Auseinandersetzungen wohl Streitereien um den beengten Lebensraum der kargen Bergtäler waren. Der pelojakidische Expeditionsbericht aus dem Kettengebirge spricht von mehreren unabhängigen Königreichen und festen Herrschaftsstrukturen, und das in einem Landstrich, der im Gegensatz zu den südlichen Ebenen kaum besiedelt war. Mehr als einige zig-tausend Menschen dürften zu dieser Zeit kaum die Bergtäler bewohnt haben. Diese wenigen Tausend lebten jedoch im Gegensatz zu den Hirten des Südens in einzelnen Königreichen oder Machtsphären, die permanent aneinandergeraten sein müssen. Die vielen Festungen und die zahlreichen Waffenfunde noch in unserer Zeit geben darüber Zeugnis.
Es scheint Zusammenschlüsse einzelner Bergkolonien und übergeordnet auch mehrer benachbarter Täler gegeben zu haben. Wir wissen allerdings nichts über die Kämpfe der Bergvölker untereinander zu dieser Zeit. Ihre Felszeichnungen widmeten sich lediglich religiösen Themen und verraten nichts über die politischen Strukturen. Es gab sicherlich mächtige Zauberer oder Schamanen, aber wir wissen nicht, ob sie die Bergvölker in ihre zahlreichen Kämpfe geschickt haben oder ob dies weltliche Herrscher getan haben. Solche weltlichen Herrscher sind auf den Felszeichnungen jedenfalls nie dargestellt, was aber nicht bedeuten muß, daß es sie nicht gab.
Die Bergvölker hatten ebensowenig wie die Hirtenvölker eine Schrift entwickelt, und erst in einem umfangreichen pelojakidischen Expeditionsbericht von 3543 v.A. finden sie Eingang in die geschriebene Geschichte, während die Pelojakiden bereits um 3850 v.A. auf die Hirten des Südens trafen und uns in ihren Chroniken über sie Auskunft geben. Die Pelojakiden waren allerdings kaum an der Darstellung fremder Kulturen interessiert und so wissen wir heute leider sehr wenig über das frühe Leben in den Gebirgstälern des Nordens.
II. Buch
Die pelojakidische Einwanderung
1. Um 3850 v.A. begann ein hoch entwickeltes Volk in die südlichen Ebenen einzuwandern, das die erste Hochkultur in dem hier beschriebenen Lande schuf, deren Auswirkungen bis zum heutigen Tage in unserer Kultur leicht zu finden sind.
Dieses Volk nannte sich nach seinem heiligen Kometen Pelo die Pelojakiden, die Kinder des Pelo. Ihr ganzes Streben richtete sich nach diesem Kometen aus, der bekanntlich alle 57 Jahre in unseren Breiten für etwa 12 Nächte am nördlichen Himmel sichtbar ist. So teilten die Pelojakiden ihre Zeitrechnung in Perioden von 57 Jahren ein, und ihre Zeitangaben sind von uns heute durch genaue Umrechnung bestimmbar da sie berichten, daß sie im Jahre Null in den Ebenen des Südens angekommen seien und zwar während eines Peloumlaufs und einer gleichzeitigen Sonnenfinsternis. Nun ist eine solche Gleichzeitigkeit von Sonnenfinsterns und Peloumlauf sehr selten und unsere Astronomen haben errechnet, daß die Pelojakiden mit dem Jahre Null das Jahr 3801 v.A. bezeichnen, in dem eine Sonnenfinsternis bei gleichzeitiger Sichtbarkeit des Pelo stattgefunden hat. Ihre Sage berichtet, daß sie Kinder des Kometen seien und er sie zur Strafe dafür, daß sich eine Generation in ihrer Vorgeschichte von ihm abgewandt und sich der Sonne angeschlossen hatte, auf die Erde verbannt hätte, wo sie fern von seinem Glanz, aus den Reichen der südlichen Sonne (den Südmeerreichen?) verbannt verharren müßten, bis der Komet sie eines Tages wieder zu sich nehmen würde. Alle 57 Jahre erscheine er nun um nach ihnen zu sehen. Sie seien also aufgebrochen, um ihrem Kometen nach Norden entgegenzuziehen, damit er sie leichter aufnehmen könne, wenn die Zeit gekommen wäre. Als sie schließlich in den Ebenen angekommen seien, habe Pelo den Mond die Sonne verdunkeln lassen, damit sie ihn sogar am Tage hätten sehen können, und ihnen damit angezeigt, daß sie in den Ebenen verbleiben sollten.
Die Pelojakiden errichteten Städte in den Ebenen und legten um sie her Felder an. Ihr Zusammenhalt scheint sich jedoch auf den gemeinsamen Kult um den Kometen Pelo beschränkt zu haben, denn anscheinend standen die Pelojakidenstädte von Anfang an permanent im Streit um die Vorherrschaft untereinander, der mitunter die Form regelrechter Kriege annahm. Es gab Städtebündnisse und einzelne mächtige Städte, die mehrere kleinere beherrschten. Die Pelojakidenstädte unterwarfen die Hirtenstämme in ihrer Nähe, machten sie tributpflichtig und ließen sie für sich arbeiten. Manchmal setzten die Pelojakiden auch kleinere Heere aus Hirtensöldnern beim Kampf gegen eine verfeindete Stadt ein.
Die Unterwerfung der Hirten wurde mit größter Brutalität bewerkstelligt, und besonders drastisch mutet das Beispiel einer kleinen Pelojakidenstadt an, die alle Rinder des auf ihrem Gebiet lebenden Hirtenstammes tötete, um diese zum Söldnerdienst pressen zu können. Mit dieser Söldnertruppe eroberte sie einige weit größere Pelojakidenstädte und blieb einige Zeit mächtig. Anscheinend galt es, bis zum nächsten Umlauf des Pelo im Jahre 3744 v.A. die größte Pracht unter den Pelojakidenstädten entfaltet zu haben, denn die Pelojakiden glaubten, daß der Komet die Mächtigsten unter ihnen als erste zu sich nehmen würde. Dementsprechend schnell vollzog sich der Bau der Städte und die Unterwerfung der Hirtenvölker. Im Jahre 3744 v.A., dem Jahr des ersten Peloumlaufs nach ihrem ersten Erscheinen in den südlichen Ebenen, also in ihrem Jahr 57, hatten die Pelojakiden die gesamte Ebene in ihre Gewalt gebracht, und ihrem Kometen konnten sie stolz bereits 12 Städte präsentieren, die mehr als 5000 Einwohner zählten.
2. Man muß sich vergegenwärtigen was es bedeutet, ein so großes Gebiet wie die südlichen Ebenen, in denen gut eine halbe Million Menschen lebte, in so kurzer Zeit zu erobern um zu erkennen, welche Überlegenheit die Pelojakiden gegenüber den Hirtenvölkern besaßen. Die südlichen Ebenen sind ein Gebiet, das größer ist als das heutige Sasukidische Reich! Und selbst wenn man in Rechnung stellt, daß bereits schon vor 3801 v.A., nämlich wie wir annehmen seit etwa 3850 v.A., Pelojakiden in die Ebenen gelangt waren, so haben sie die riesigen Räume der Ebenen in etwa 100 Jahren völlig unter ihre Gewalt gebracht. Und bei aller Überlegenheit gegenüber den Hirtenvölkern, die keine Armeen kannten und keine Streitwagen, sondern nur Pferd, Lanze, Bogen und einfache Stichwaffen, sie werden sich gewehrt haben! So wissen wir, daß im Jahre 3789 v.A. ein pelojakidisches Heer von 10000 Mann von einer Streitmacht der Hirten vollständig vernichtet wurde. Die Pelojakiden waren in einen Sumpf gelockt, und eingekreist worden. Möglicherweise war diese verheerende Niederlage ein Einzelfall, doch immer wieder tauchen in pelojakidischen Rechnungsbüchern die enormen Mittel auf, die sie für den Krieg gegen die Hirten aufwenden mußten.
Als im Jahre 3744 v.A. beim ersten Peloumlauf nach der Ankunft der Pelojakiden in den Ebenen der Komet sein Volk nicht zu sich genommen hatte und die Streitereien unter den Stadtstaaten stark zunahmen, folgte im Jahre 3757 v.A. auf dem Fest des Pelo, einem Fest das alle Pelojakiden miteinander begingen, das Verbot für alle Pelojakidenstädte, Hirten als Söldner einzusetzen. Die Hirtenvölker scheinen die Existenz der Pelojakidenstädte durchaus noch bedroht zu haben, besonders wenn sie in den Söldnerdiensten von den Pelojakiden die Kunst der Kriegsführung erlernt hatten, und das Verbot war überlebensnotwendig für alle Pelojakiden. Einige der Hirtenstämme scheinen früh erkannt zu haben, daß sie sich gegen die neuen Herren zusammenschließen müßten, wenn sie nicht auf ewig versklavt werden wollten. In der Zeit zwischen 3735, dem Jahr des Söldnerverbots und 3687, dem Jahr des zweiten Peloumlaufs nach 3801 v.A. trug sich zwischen den Pelojakidenstädten ein erbitterter Kampf um die Vorherrschaft zu, wovon die Hirten profitierten. Es gelang ihnen, einige Gebiete von den Pelojakiden zurückzuerobern und diese Gebiete zu halten. Diese freien Hirtengebiete bekamen immer mehr Zulauf von weiteren Stämmen, die der Knechtschaft entfliehen wollten. Den Pelojakiden gelang es nicht, die von den Hirten eroberten Gebiete zurückzuerobern, da sie in ihren Kämpfen um die Vorherrschaft zum zweiten Peloumlauf lagen.
Bei diesen Kämpfen tat sich schließlich eine Stadt hervor, die unweit des heutigen Sasu, einige Meilen flußaufwärts, lag, und deren Ruinen wir heute noch sehen können, da auf ihrem Standort bis heute nie mehr eine Stadt errichtet wurde. Nicht ohne den Umstand auszunützen, daß viele Städte einen erbitterten Krieg gegen die freien Hirtengebiete führten, gelang es dieser Stadt im Jahre 3691 v.A., die anderen mächtigen Pelojakidenstädte zu unterwerfen. Im Jahre 3687, als sich der Komet wieder zeigte, rief der Herrscher dieser Stadt sich zum Hohenpriester des Pelo aus und gründete im Jahr 114 der pelojakidischen Zeitrechnung das Reich Pelo. Seine Stadt baute er zu einer prunkvollen Tempelstadt aus und nannte sie Peloja.
Das Reich Pelo der Stadt Peloja ist das erste große Reich auf dem Boden des von uns beschriebenen Landes gewesen. Es umfaßte bei seiner Gründung eine Fläche, die über die Gesamtfläche des heutigen sasukidischen Reiches hinausgeht und blieb lange Zeit ohne Beispiel in dieser Region. Es wird im III. Buch beschrieben werden.
3. Die Landnahme der Pelojakiden ist ein so einmaliger Prozeß in der Geschichte unseres Landes, daß wir uns seinen Umständen etwas genauer widmen möchten.
Den Beginn der pelojakidischen Einwanderung, 3850 v.A., bestimmen wir aus einer pelojakidischen Notiz die besagt, daß die Pelojakiden über viele Jahre einer Zwischenzeit, so nannten sie die Periode zwischen zwei Peloumläufen, in die Ebenen vorgedrungen wären. Dort erlebten sie schließlich die Sonnenfinsternis beim Peloumlauf des Jahrs 3801 v.A. Da sie nichts davon erwähnen, beim vorigen Umlauf bereits in den Ebenen gewesen zu sein, muß ihr erstes Erscheinen dort in die Zeit nach 3858 v.A. fallen. Im Jahre 3744 hatten sie in den Ebenen jedoch bereits 12 Städte mit mehr als 5000 Einwohnern errichtet und die Mehrzahl der Hirtenstämme unterworfen. Sie hatten außerdem eine große Anzahl an Chroniken erstellt, eine an sich schon sehenswerte kulturelle Leistung. Es ist unwahrscheinlich, daß sich die Pelojakiden in nur etwa 100 Jahren aus einem Nomadenvolk zu einem mächtigen Kulturvolk entwickelten. Sie müssen ihre Fertigkeiten bereits mitgebracht haben, einschließlich ihrer Begabung zum Städtebau, der eindeutig eine Kulturleistung darstellt, über die ein Nomadenvolk nicht verfügt. Wir müssen also annehmen, daß die Wanderung der Pelojakiden eher ein Prozeß einer allmählichen Siedlungsverschiebung war, als eine Wanderbewegung, die ein ganzes Volk ergriffen hatte. Auf einer solchen Wanderung hätte jedes noch so weit entwickelte Volk alle seine Fähigkeiten sicherlich eingebüßt, zumindest aber den Notwendigkeiten des Prozesses der Wanderung angeglichen. Die pelojakidische Kultur zeigt jedoch seit ihrem frühesten Auftreten in den Ebenen alle Züge einer städtischen, seßhaften Hochkultur. Dies steht im Widerspruch zu ihrer Wanderung, vorallem wenn es sich um eine so langanhaltende Wanderung wie die der Pelojakiden handelt, denn sie waren ihren Chroniken zufolge viele Peloumläufe lang auf der Suche nach ihrem heiligen Kometen und haben eine ganze Fülle von Sagen um diese Suche gesponnen, noch bevor sie sich endgültig in den südlichen Ebenen niederließen. Wenn wir zudem betrachten, wie lange sich ihre Einwanderung alles in allem doch hingezogen hat, im Jahre 3687 v.A., dem Gründungsjahr des Reiches Pelo, sprechen ihre Chroniken von nunmehr 20 Städten mit mehr als 5000 Einwohnern, festigt sich der Eindruck, daß sie sich langsam, Siedlung um Siedlung errichtend, nach Norden ausgedehnt haben. Ihre spätere Geschichte in unserem Raum kann im Grunde als die Fortsetzung dieser frühen Siedlungswanderung gesehen werden. Denn auch innerhalb unserer Region hat sich ihr Schwerpunkt über die Jahrhunderte vom Süden immer mehr in den Norden verlegt, bis sie als eigenständiges Volk aus der Geschichte unseres Raumes verschwanden.
Leider hat man nie Überreste von Siedlungen der Pelojakiden südlich der Ebenen, also im Scheidegebirge oder im Tiefland dahinter, gefunden, denn diese Gebiete wurden über die späteren Jahrtausende von vielen verschiedenen Kulturen überflutet, die alle älteren Überreste überdeckt haben. Doch die Pelojakiden müssen irgendwoher aus dem Süden gekommen sein, denn sie folgten ja ihrem am nördlichen Himmel stehenden Kometen. Außerdem ist ihre Kenntnis von der Astronomie ein Hinweis darauf, daß sie aus dem größeren Umfeld der alten Südmeerkulturen kamen, die ja schon sehr früh differenzierte Kenntnisse in der Astronomie entwickelt hatten. Sie scheinen aber nie direkten Kontakt mit diesen Kulturen gehabt zu haben, denn sie werden in den Chroniken des Südmeerraums kaum erwähnt, was wohl bei einem so zahlreichen und hochentwickelten Volk wie den Pelojakiden bedeutet, daß man dort zwar von ihrer Existenz wußte, dass man aber nicht viel mit ihnen zu tun hatte. Ihr Ursprungsland muß demnach weit genug von den Südmeerreichen entfernt gelegen haben, um nähere Kontakte auszuschließen. Eine solche Region befindet sich aber schon recht weit nördlich, nicht allzuweit vom Scheidegebirge entfernt, und dies erhärtet die These, daß ihre Wanderung ein sehr langsamer Prozeß war, denn man reist aus einer solchen Region heute in etwa zwei Monaten in die Südebenen.
4. Wir kommen also zu dem Schluß, daß der Grund für die Wanderung der Pelojakiden ein Prozeß der allmählichen Verschlechterung ihrer Lage in ihrem Ursprungsland war, die sie gezwungen hat, ihre Heimat nach und nach zu verlassen und weiter im Norden nach einem Land zu suchen, in dem sie sich niederlassen könnten. Wir gehen davon aus, daß diese Verschlechterung der Lage nie alle Pelojakiden gleichzeitig mit derselben Härte getroffen hat. Wir stellen es uns so vor, daß einzelne Städte zum Beispiel infolge einer Hungersnot aufgegeben werden mußten. Ihre Bevölkerung machte sich dann in den Norden auf, während die einer benachbarten Stadt vielleicht noch viele Jahre aushielt. Auf diese Weise wäre nie das gesamte Volk der Pelojakiden auf der Wanderschaft gewesen, sondern immer nur ein kleiner Teil. Eine Naturkatastrophe, ein Krieg, mehrere Ernteausfälle oder ähnliche, plötzlich auftretende und sich unmittelbar auswirkende Katastrophen hätte ihnen auch wohl kaum Zeit gelassen, so viele Sagen um ihre Wanderung zu ersinnen wie in ihren Chroniken auftauchen sondern hätte sie eher fluchtartig in den Norden getrieben. Es mag so gewesen sein, daß sie ihre wachsende Zahl allmählich nicht mehr ernähren konnten und Teile ihres Volkes nach Norden ausweichen mußten, da im Süden irgendeine unbezwingbare Barriere existiert haben muß, die immerhin dazu geführt hat, daß sie keinen direkten Kontakt mit den Südmeerkulturem hatten und die ihnen nur den Weg in den Norden offen ließ. Vieleicht war auch ihr heiliger Komet ausschlaggebend bei der Tatsache, daß sie alle nach Norden gingen. Doch wir wissen nicht, ob sie ihren Kometen bereits in ihrem Ursprungsland angebetet haben oder ob der Pelokult erst eine Folge der Wanderung nach Norden war. Denn alle ihre uns vorliegenden Chroniken wurden erst nach ihrer Ankunft in unserem Raum geschrieben und erwähnen die Zeit vor ihrer Wanderung nicht, so daß man glauben könnte, die Pelojakiden wären seit dem Anfang ihres Bestehens auf ihrer Wanderschaft in den Norden gewesen.
Ihre Entscheidung, in den Ebenen zu bleiben, die sie mit Hilfe der Sonnenfinsternis von 3801 v.A. religiös untermauerten, war sicher eine Folge ihrer Erkenntnis, daß die Unermeßlichkeit und die Fruchtbarkeit der Ebenen die Gründe für ihre Siedlungsbewegung aufhob: in den Ebenen war genug Platz und Nahrung für das ganze, anscheinend schnell anwachsende Volk der Pelojakiden, und ihr religiöser Auftrag, dem Kometen nach Norden entgegenzuziehen, konnte aufgegeben, beziehungsweise neu ausgelegt werden. Seitdem die Pelojakiden in den Ebenen waren, hielten sie es für ihren religiösen Auftrag, dem Kometen bei seinem Erscheinen eine möglichst große Pracht vorweisen zu können, was alle 57 Jahre dazu führte, daß heftige Kämpfe um die Vorherrschaft unter ihnen ausbrachen, ein Prozeß den man durch ihre Gechichte verfolgen kann und der uns heute seltsam, wenn nicht manchmal belächelnswert erscheint. Kein Jahr eines Peloumlaufs verlief ohne große Umwälzungen bei den Pelojakiden und man könnte eine kurz gehaltene Geschichte ihres Volkes lediglich anhand der Jahre der Peloumläufe schreiben. Alle 57 Jahe erhält man einige wichtige Vorkommnisse von ihnen präsentiert. Man muß allerdings beachten, daß dieser Eindruck durch die Tatsache verfälschend verstärkt sein könnte, daß sich in den Jahren der Peloumläufe auch immer ihre Produktion von schriftlichen Dokumenten vervielfacht hat. In den Jahren des Pelo arbeiteten die Pelojakiden anscheinend mit religiöser Besessenheit und das meiste was uns von ihrer Kultur geblieben ist, seien es Bauwerke, Chroniken, Kunstwerke oder hochwertige Gebrauchsgegenstände, stammt aus den Jahren der Peloumläufe. In solchen Jahren fühlten sie sich angetrieben, Höchstleistungen zu erbringen, die kein anderes Motiv aus ihnen herausgeholt hätte. Viele der Gefahren, die oftmals ihren gesamten Kulturkreis auszulöschen drohten, haben in ihren Chroniken über die Jahrhunderte während derer sie in den Ebenen Geschichte gemacht haben weniger Erwähnung gefunden als relativ unbedeutende Vorkommnisse während der Peloumläufe. Es ist daher oft schwer, aus ihren eigenen Zeugnissen allein zu erkennen, was ihre Geschichte wirklich bewegt und bestimmt hat, denn ihre Zeugnisse erzählen einem nur von denjenigen für den Lauf ihrer Geschichte bestimmenden Vorgängen, die ihnen selbst als solche bewußt waren.
5. Die Pelojakiden scheinen ein in der Kriegsführung sehr geschicktes Volk gewesen zu sein. Ihre permanenten Fehden untereinander hatten sie hochspezialisierte Formen an Kriegsgerät entwickeln lassen. Sie kannten den Streitwagen, die schwere und leichte Reiterei und vielfältigste Formen von Fußtruppen. Der Aufprall ihrer Kultur auf die der friedlichen Hirten in den Ebenen muß furchtbar gewesen sein. Wir wissen nicht, ob es zu Massakern an der Hirtenbevölkerung kam, es ist aber anzunehmen, denn beide Völker waren sehr zahlreich und die Pelojakiden hatten ein unstillbares Bedürfnis an Raum um ihre Städte, auf das wir noch zu sprechen kommen. Der Prunk und Reichtum bereits ihrer frühen Städte in den Ebenen ist auch nur denkbar, wenn man in Betracht zieht, daß er zu einem großen Teil nur durch die völlige Ausbeutung der unterworfenen Hirtenstämme erreicht wurde. Das Büffelrind der Hirtenstämme war, wie wir oben erwähnten, nach 300 Jahren pelojakidischer Siedlung in den Ebenen verschwunden. Da die Herden aber immens gewesen sein müssen ist wohl anzunehmen, daß die Pelojakiden eine große Anzahl der Tiere getötet haben, um die Hirtenvölker auszuhungern und in Abhängigkeit von sich zu bringen, wie im ebenso oben erwähnten Fall einer pelojakidischen Stadt, die alle Rinder eines Hirtenstammes tötete, um die Hirten zu Söldnerdiensten zwingen zu können.
6. Das Land der südlichen Ebenen war, wie wir bereits sagten, früh zum Schauplatz menschlicher Besiedlung geworden. Doch auch wenn das Kettengebirge möglicherweise ebensofrüh oder noch früher von Menschen betreten wurde, so liegen doch die Schwerpunkte, auch noch in den kommenden Jahrhunderten im Süden. Die unermeßliche Größe und Fruchtbarkeit der Ebenen war für die frühen Kulturen, die noch keinen Handel über die Meere trieben und noch kaum Bodenschätze gewannen und verarbeiteten, sehr viel einladender als das asharakidische Gebiet, das von dichten Wäldern bedeckt war und dessen Winter vorallem im Norden schneereich und kalt sind. Die milden Winter der Südebenen ermöglichten drei Ernten im Jahr und konnten bei einem noch relativ unergiebigen Ackerbau doch recht viele Menschen ernähren. Wir wollen die Besiedlungsgeschichte unseres Landes hier schließen, auch wenn in den kommenden Zeiten noch viele Völker in dieses Land eingewandert sind und zum gegenwärtigen Stand unseres Berichtes Ashara sogar noch völlig menschenleer ist. Doch nach dem Abschluß der Einwanderung der Pelojakiden hatten sich alle Kräfte in unserem Raum eingefunden, die über viele Jahrhunderte die Geschichte dort bestimmen sollten. Und die Einwanderung der Pelojakiden hat lange Zeit hindurch ihresgleichen nicht gehabt.
Im dritten Buch wollen wir die großen Reiche der Pelojakiden betrachten und ihre Kultur beschreiben, die dieses Land und jeden neuen Eindringling geprägt haben, einschließlich der Völker, aus denen sich Jahrtausende später das heutige Ashara erhob.
III. Buch
Die Pelojakiden
1. Die Einwanderung der Pelojakiden in die südlichen Ebenen veränderte deren Gesicht und die Lebensweise der seit einigen hundert Jahren dort ansässigen Hirtenvölker mit unglaublicher Geschwindigkeit und in einem großen Maße. Wie wir oben erwähnten waren die Pelojakiden den Hirtenstämmen kulturell und militärisch weit überlegen. Sie ließen sich nieder, wo es ihnen beliebte und verdrängten die ansässigen Hirtenstämme, zerstörten ihre Siedlungen und töteten die meisten ihrer Rinder. Oft geriet die damit ihrer Existenzgrundlage beraubte Hirtenbevölkerung in direkte Abhängigkeit von einer Pelojakidenstadt, und oft lebten auf solche Weise unterworfene Hirtenstämme in der näheren Umgebung einer Pelojakidenstadt, die sie auf ihren Feldern arbeiten ließ und sie oftmals zu Söldnerdiensten heranzog.
Die Pelojakiden scheinen beinahe ausschließlich in größeren Siedlungen und Städten gelebt zu haben. Die kleineren dieser Siedlungen hatten mit Sicherheit noch mehr als Tausend Einwohner, während die größeren von bis zu 10000 Menschen bewohnt waren. Später, als die Pelojakiden in den Ebenen ihr Reich Pelo gegründet hatten, wuchsen die größeren Städte rasch an. Die Hauptstadt Peloja mag wohl gut 50000 Einwohner gehabt haben, vielleicht doppelt so viele, bevor sie während der dritten Reichsperiode unterging. Der Grund für die Massierung der pelojakidischen Bevölkerung in großen Siedlungen ist nicht genau bekannt. Er mag in einem Sicherheitsbedürfnis der Neuankömmlinge gegenüber den Hirtenstämmen zu suchen sein, wahrscheinlicher ist jedoch, daß in die Religion der Pelojakiden, die sie zu großen Leistungen anhielt zu denen allein eine größere Gemeinschaft fähig ist, den Grund dafür liefert, daß sie sich nicht in kleineren Gruppierungen über die Ebenen verteilt haben. Wir wissen, daß das Priestertum schon während ihrer Wanderjahre großen Einfluß bei ihnen hatte, und dieses Priestertum hat sie möglicherweise in größeren Gemeinschaften zusammengehalten. Die Größe der einzelnen Siedlungen wäre demnach nur dadurch begrenzt gewesen, wieviele Menschen sie aus dem von ihr kontrollierten Umland ernähren konnte. Da es ihrem Glauben zufolge dem Kometen Pelo gefiel, wenn eine Stadt möglichst groß war, trieben die Priester der einzelnen Städte die Bevölkerung an, das Gebiet ihrer Stadt beständig zu vergrößern, bis man an das Gebiet der nächsten Stadt stieß. Unter den einzelnen Städten kam es so immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Oft gelang es einer Stadt, eine oder mehrere andere Pelojakidenstädte zu unterwerfen. Doch zu Beginn ihrer Geschichte in den Ebenen scheinen sich solche Vorherrschafften nie allzulange gehalten zu haben.
Zwischen den einzelnen religiösen Führerkasten herrschte ebenso permanent Streit. Nur in den Jahren wenn der Komet zu sehen war besannen sich die Pelojakiden ihrer Zusammengehörigkeit und feierten gemeinsam das Fest des Pelo.
2. Die permanenten Streitigkeiten unter den einzelnen Pelojakidengemeinschaften waren wohl auch der Grund für das nahezu unstillbare Bedürfnis der Pelojakidenstädte nach Umraum. Meist lagen die am nächsten benachbarten Städte mehrere Tagesreisen voneinander entfernt. Die Rivalität der einzelnen Städte zueinander muß unendlich groß gewesen sein. Umso erstaunlicher mutet es an, daß die Pelojakiden in religiösen Dingen manchmal spielend leicht zu Übereinkünften fähig waren, an die sie sich alle streng hielten. So gab es zum Beispiel ein religiöses Fest aller Pelojakiden, das regelmäßig jedes Jahr einmal stattfand und zu dem alle Städte, selbst während der heftigsten Kriege untereinander, Gesandtschaften entsandten. An während dieser Feste getroffene Abmachungen hielten sie sich streng, wie zum Beispiel an das Verbot von 3735 v.A., keine Hirten mehr als Söldner zu nehmen, das dann allerdings später durch Einbürgerung der Hirtenbevölkerung in ihre Städte unterlaufen wurde.
Doch selbst innerhalb der Städte kam es immer wieder zu Spannungen. Immer wieder spalteten sich aus einer Stadt Gruppen Unzufriedener ab, um eine eigene Siedlung zu errichten. Das hat dazu geführt, daß sich die pelojakidischen Städte immer weiter nach Norden über die Ebenen ausbreiteten. Und auch die Errichtung des Reiches Pelo änderte nichts daran, daß der Krieg unter den Städten weiterging. Das pelojakidische Großreich muß man sich eher so vorstellen, daß eine Stadt mächtig genug geworden war, um alle anderen Städte zu Tributszahlungen zwingen zu können. Ein zusammenhängendes Gebilde mit einer wohlorganisierten Staatsstruktur ist das Reich des ersten Peloja nie gewesen. Nach der Gründung des Reiches im Jahre 3687 v.A. stellte die Stadt Peloja ein riesiges Heer auf, das im Grunde ständig von einer Strafexpedition zur anderen durch das immense Reichsgebiet unterwegs war. Straßen und Heerlager wurden angelegt, um die Vormachtstellung Pelojas zu sichern. Diese Vormachtstellung blieb jedoch immer bedroht, denn das großflächige Reichsgebiet war, gemessen am damaligen Stand der Nachrichtenübermittlung und der Fernverbindungsstraßen zu riesig, um von einer Zentralmacht wirklich beherrscht werden zu können. Es gab zu jeder Zeit Aufstände einzelner Städte und das erste Peloja bestand denn auch nur von 3687 -3525 v.A., 162 Jahre lang, und das wohl auch nur, weil die anderen Pelojakidenstädte sich nie wirkungsvoll gegen den Tyrannen zusammenschlossen. Dazu kamen noch die vielen Kriege gegen die Hirtenstämme, welche die pelojakidischen Städte schwächten. Peloja entwickelte sich allmählich zum Schmarotzer auf Kosten der anderen Städte, es konnte sich bald nicht mehr selbst ernähren und lebte nur noch von den Tributen. Immer neue Maßnahmen waren erforderlich, um das riesige Heer zu erhalten. So begann Peloja das Verbot, Angehörige der Hirtenstämme als Söldner zu nehmen damit zu unterlaufen, daß sie Hirtenstämme in Peloja ansiedelten und ihnen das Bürgerrecht verliehen. Bald folgten andere Städte diesem Beispiel, und es hat dazu geführt, daß viele Hirtenstämme in pelojakidischen Städten ansässig wurden. Sie brachten ihre Sprachen und Gebräuche mit in die Städte der Pelojakiden. Selbst der Pelokult wurde manchmal seltsamen Abwandlungen unterzogen. Die Pelojakiden scheinen fremde Gebräuche sehr schnell angenommen zu haben solange diese nicht ihrem Glauben, sie seien Kinder ihres Kometen, widersprachen.
3. Die Pelojakiden bedienten sich einer sehr eigentümliche Art der Zeitrechnung, die nicht in Jahren seit dem Jahr Null vorgenommen wurde, sondern nach den einzelnen Reichsepochen. Das Jahr 3801 v.A., das Jahr des Peloumlaufs mit der Sonnenfinsternis war nach ihrer Ansicht Jahr Null. Das erste Reich Pelo wurde im Jahr 3687 v.A. gegründet, also im Jahr 114 der Pelojakiden. Doch im Weiteren Verlauf ihrer Geschichte wurde die Zeitrechnung von den Pelojakiden ausschließlich nach den Epochen des Reiches Pelo benannt, die sich wiederum am Erscheinen ihres Kometen ausrichteten. So währte das erste Reich Pelo 57 Jahre, von 3687 bis 3630 v.A., und die 114 Jahre seit dem Jahr Null wurden nicht weiter berücksichtigt. Das Jahr 3680 v.A., eigentlich das Jahr 121 ihrer eigenen Zeitrechnung, bezeichneten sie als das Jahr 7 im 1. Reich Pelo. Bei ihrer Reichszählung spielte es dabei keine Rolle, wie lange ein Hohepriester in Peloja herrschte. Ein Reich, das immer 57 Jahre währte, von Peloumlauf zu Peloumlauf, konnte mehrere Herrscher hintereinander haben, und viele der Herrscher haben während zweier Reiche geherrscht. Später sollten andere Städte das erste Peloja als Hauptstadt des Reiches Pelo ablösen. Doch sie behielten dessen fortlaufende Reichzählung bei. Sie alle zerstörten das jeweils vorhergegangene Peloja und nannten sich fortan selbst `Peloja'. So hat es im Reiche Pelo über die Zeiten vier verschiedene Pelojas gegeben, jedes von ihnen an einem anderen Ort. Das Reich Pelo veränderte seine Grenzen über die Jahrhunderte völlig und lag zuletzt gänzlich außerhalb des Reichsgebietes des ersten Peloja. Doch selbst zu dieser Zeit noch hatte man die fortlaufende Reichszählung des ersten Peloja nach dem alle siebenundfünfzig Jahre erscheinenden Kometen beibehalten.
Die Aktivitäten der ersten Hauptstadt während des ersten Reiches galten ausschließlich der Manifestation ihrer Machtstellung. Sie entsandte ihre Heere in Gebiete, wo eine größere Konzentration von Macht zu entstehen drohte, oder wo ein Aufstand gegen ihre Steuereintreiber niederzuschlagen war. Die Priesterschaft der Sadt versuchte, die Priesterschaft im ganzen Reich auf sich zu verpflichten, und oft wurden die Priesterkasten anderer Städte völlig ausgerottet und mit pelojatreuen Priestern ersetzt. Eine Straße, die eintausend Meilen lang war, wurde in nord-südlicher Richtung gebaut. Peloja lag an einem Punk etwa ein Drittel von ihrem südlichen und zwei Drittel von ihrem nördlichen Endpunkt entfernt. Auf dieser Straße waren beständig Heere und Lastenkaravanen mit Tributen unterwegs.
Diese Straße blieb eine rein strategische Straße, die nie wirklich zu einer Handelsstraße wurde, obwohl sichlich auch Güter und Waren auf ihr transportiert worden sind. Doch zur Zeit des ersten Peloja scheinen die pelojakidischen Städte untereinander so gut wie keinen Handel getrieben zu haben. Nach ihrer Wanderung, ihrer ständigen Verlegung von größeren Volksgruppen in den Norden, gab es unter den Pelojakiden praktisch keine Händler. Die Städte lebten von ihren Feldern, und jede Familie scheint ihre eigenen Felder besessen zu haben. Denn auf Märkten wurde nur ein bescheidener Tauschhandel geführt. Geld kannten die Pelojakiden nicht. Schön geschliffene Minerale und Steine waren das einzige Zahlungsmittel, dessen Wert jedoch frei definierbar war. Die Bauern der Großgrundbesitzer, oft Angehörige eines Hirtenstamms, brachten zwar Lebensmittel auf die Märkte der Städte, doch verkaufte man niemals einer anderen Stadt Lebensmittel. Auch das Handwerk der Städte exportierte seine Waren nicht. Eine Stadt, der durch Unwetter oder kriegerische Übergriffe die Ernte verlorengegangen war, verhungerte oder unterwarf sich gleich einer benachbarten Stadt. Die benötigte Nahrung durch Aufkäufe von Überschüssen einer anderen Stadt besorgen konnte sie nicht. Die Städte halfen sich gegenseitig nicht in Notlagen. Ihre Feindschaft überwog. Es hat unseres Wissens zu dieser Zeit keine Pakte zwischen ihnen gegeben und schon gar keine gegenseitige Übereinkünfte über Hilflieferungen im Bedarfsfall.
4. Begünstigt durch die ständigen Kriege, die Peloja gegen die von ihm beherrschten Städte führen mußte, ging ein Prozeß weiter, der bereits nach 3744 v.A., dem Jahr des zweiten Auftretens des Kometen nach Erscheinen der Pelojakiden in den Ebenen, eingesetzt hatte: der allmähliche Zusammenschluß der Hirtenstämme und ihre Eroberung von freien Gebieten. Es waren dies meist durch geographische Gegebenheiten geschützte Landstriche, die leicht zu verteidigen waren, von Sümpfen umgeben oder von den wenigen Hügeln die es in den Ebenen gibt. Oftmals erkauften sich Stämme auch ihre Freiheit von den Pelojakidenstädten durch hohe Tribute in Form von Ledererzeugnissen, Nahrungsmitteln oder zeitweise abgeleisteten Frondiensten.
Ein Großteil der Hirtenbevölkerung aber verschmolz allmählich mit der pelojakidischen Bevölkerung, indem sie in deren Städten Aufnahme fand, wo sie ein Leben meist als Abhängige reicher Pelojakiden erwartete, jedoch auch ein relativer Wohlstand und eine größere Sicherheit für Leib und Leben. Einzelne Angehörige von Hirtenstämmen sind in pelojakidischen Städten bereits früh sogar zu großem Einfluß und hohen Ämtern gekommen, und aus Chroniken wissen wir, daß selbst Bürgermeister von pelojakidischen Städten manchmal ihrer Herkunft nach Hirten waren. Ein bemerkenswertes Phänomen hierbei ist, daß die frei gebliebenen Stämme den sich unterwerfenden Stämmen mit größter Verachtung und einem abgrundtiefen Haß begegneten, was in der Folge dazu führte, daß kriegerische Auseinandersetzungen zwischen einer Pelojakidenstadt, in der ein Hirtenstamm Aufnahme gefunden hatte, oft als Ergebnis dieser Verachtung und dieses Hasses gesehen werden müssen. Tatsächlich kam es häufiger zu unerbittlichen Kriegen zwischen freien Hirtengebieten und pelojakidischen Städten mit einem großen Anteil aus ehemaligen Hirten als zwischen Hirtenstämmen und rein pelojakidischen Städten.
5. Die Pelojakiden des ersten Reiches waren noch reine Binnenlandbewohner. Keine ihrer Städte errichteten sie am Meer, und die Seefahrt war ihnen völlig unbekannt. Lediglich etwas Küstenfischerei wurde betrieben, doch die meisten ihrer Boote und Flöße kamen auf Seen und Flüssen zum Einsatz. So fehlte in dieser frühen Phase für die Entstehung eines Handels bei den Pelojakiden auch die Voraussetzung billiger und schneller Wassertransportwege. Die flachen, geraden Küsten der Südebenen eignen sich auch nicht für Häfen und sind noch heute der Schiffahrt schwer zugänglich. Alle dortigen Häfen mußten später künstlich angelegt werden, und der Seehandel wurde bei den Pelojakiden erst in der Zeit bekannt, als sie mit den Shuimakiden in Berührung kamen (V. Buch).
Erste Anfänge eines bescheidenen Handels sind dann auch erst zwischen den freien Hirtengebieten und einzelnen pelojakidischen Städten zu verzeichnen, denn die freien Hirtenstämme tauschten ihre Ledererzeugnisse bei den Pelojakiden für deren besseres Handwerkszeug ein. In der Lederverarbeitung zeigten sich die Hirtenstämme den Pelojakiden als überlegen und schufen so einen ersten Anreiz zum Handel.
Die Pelojakiden waren jedoch Meister der Pferdezucht und hatten mehrere Rassen hochwertiger Pferde gezüchtet. Außerdem waren sie ein sehr mobiles Volk. Wohl bedingt durch ihre generationenlange Wanderung und rasche Siedlungsausbreitung konstruierten sie eine Vielzahl hochspezialisierter Karren, Schwerstlastenfahrzeuge und Reisekutschen. Die Lederwaren der Hirtenvölker bestanden hauptsächlich aus Saumzeugen und Sätteln, und die in späterer Zeit bei den Pelojakiden aufgekommene Bezeichnung: `Sattelmacher' für die Hirtenvölker kündet davon, daß sich die Hirten im pelojakidischen Reich eine wichtige Stellung als Lederzeuglieferanten erobert hatten, eine Tatsache, die nur durch die bestimmende Rolle des Pferdes in der pelojakischen Kultur möglich war.
Das Pferd war treibendes Kulturmoment der Pelojakiden und hat ihre Geschichte mitbestimmt. Die späteren Expeditionen ins unbekannte Gebiet im Norden und dessen Besiedelung mögen späte Nachwirkungen eines pelojakidischen Dranges zur Wanderung nach Norden sein, aus der das Pferd nicht wegzudenken ist.
6. Die frei gebliebenen Hirtenstämme übernahmen von den Pelojakiden allmählich den Ackerbau und die Pferdezucht. Ersteres hat dazu geführt, daß die Stämme allmählich seßhaft wurden, zumal sie an die Gebiete gebunden waren, die sie von den Pelojakiden zurückerobert hatten. Das Hausrind der Pelojakiden ersetzte ihr Büffelrind und die Hirtenstämme wurden selbst ausgezeichnete Pferdezüchter. Ihre Reiterheere wurden selbst den pelojakidischen Streitwagenverbänden allmählich ebenbürtig, wenn sie nicht, wie meist, zahlenmäßig weit unterlegen waren. Doch die Erfolge ihrer Reiterheere gegen die untereinander zerstrittenen Pelojakidenstädte nahmen zu, und sie wurden ein ernstzunehmender Gegner für die Pelojakiden. Im IV. Buch werden wir von ihrer großen Erhebung gegen die Pelojakiden berichten, die für die großen Veränderungen im pelojakidischen Reich in jener Epoche mitverantwortlich war.
Die Hirtenstämme zeigten sich äußerst aufnahmebereit für die pelojakidischen Fertigkeiten und haben vieles von den Pelojakiden übernommen, obwohl die freien Hirtenstämme lieber lange, verlustreiche Kriege gegen die Pelojakiden führten, als sich ihnen zu unterwerfen. Sie haben jedoch mehr und mehr von pelojakidischen Kulturmomenten profitieren gelernt und sich so gegen die Eindringlinge behauptet, obwohl sie bei deren Ankunft ihrer Kultur noch hoffnungslos unterlegen waren. Neben der Lederverarbeitung, mit welcher die Hirtenstämme die Pelojakiden bald zu beeindrucken vermochten ist die Kunst der Kriegsführung zu nennen. Die Hirtenstämme ahmten die pelojakidische Organisation und Strategie der Streitmachten nach und wurden ihnen hierin ebenso ebenbürtig. Lediglich der Umstand, daß sie weit zerstreut waren und zahlenmäßig weit unterlegen, bedrohte die Hirtenstämme noch in ihrer Existenz gegenüber den Pelojakiden.
7. Das wichtigste Kulturmoment, das die Pelojakiden in die Ebenen mitbrachten waren jedoch ihre Sprache und ihre Schrift. Durch ihre zahlreichen Chroniken allein wissen wir, was sich damals in unserer späteren Heimat ereignet hat, von den pelojakidischen Chroniken allein wissen wir, wie die Hirtenstämme der Ebenen und die Bergvölker in der frühesten Zeit unserer Heimat gelebt haben. Wir erfahren von neuen Einwanderern und großen Veränderungen fast ausschließlich nur aus diesen Chroniken, denn fast alle anderen Kulturen, die in unseren Raum einfielen, erlernten die Schrift erst von den Pelojakiden.
Die pelojakidische Sprache schließlich, die im Laufe der Jahrhunderte so viele Dialekte hervorgebracht hat, ist die Grundlage aller Sprachen, die heute in unserem Raum gesprochen werden, und viele Worte dieser Sprachen sind noch die alten Pelojakidenworte. So sind zum Beispiel fast sämtliche Völkernamen in unserem Raum pelojakidischer Herkunft. Sie benannten die vorgefundenen Hirtenvölker, die Neueinwanderer späterer Zeiten, aber auch die Landschaften, ihre Gewässer und Küsten und haben so unserem Land seine Namen gegeben. Keine spätere Kultur, sei sie noch so mächtig gewesen, hat dieses pelojakidische Vermächtnis ausgelöscht. Alle späteren Kulturen haben die pelojakidischen Namen in ihre Sprachen übernommen. Ihr Wort `Sasu', für Sattel, prägte den Hirtenvölkern und damit allen späteren Kulturen der südlichen Ebenen den Namen `Sasukiden' auf. Während ihrer Expeditionen in der dritten Reichsperiode, die sie bis ans nördliche Kettengebirge führte, benannten sie das asharakidische Waldland nach `Bashba', für Baum, das Gebirge nach `Mona', für hoher Berg, wonach später die Bashbakiden und die Monakiden benannt wurden. Ihr Wort `Shuima', der Wind, wurde zum Namen für die Seevölker, die an den Küsten Asharas landeten, die Shuimakiden.
Die Sprache der Hirtenvölker, oder Sasukiden, wie sie sich in Übernahme des pelojakidischen Begriffs allmählich selbst nannten, ist ausgestorben. Lediglich im Pelojakidisch der Städte hielt sich die Hirtensprache teilweise, und zwar vorallem im Bereich der Lederverarbeitung, in dem die Hirten führend waren. Die Hirtensprachen hielten sich in ihrer Reinform in den freien Gebieten noch einige Zeit, doch nach einer gemeinsamen Erhebung dieser Gebiete gegen das Reich Pelo während der dritten Reichsperiode, die dazu führte, daß sich die sich zusammenschließenden Hirtenvölker auf der Suche nach einem übergeordneten Begriff selbst Sasukiden nannten, verschwanden die Hirtensprachen als Folge der Niederlage der Hirtenvölker allmählich, und die Sprache der Herren, das Pelojakidische, wurde Sprache der Sasukiden. Und während im Pelojakidischen der Städte mit Anteilen verstädterter Hirtenbevölkerung die Hirtensprachen lebendig blieben, übernahmen die geschlagenen Hirtenstämme, die Sasukiden, das Pelojakidische in seiner Reinform. Selbst die Spezialausdrücke aus der Lederverarbeitung übernahmen sie vom Pelojakidischen, und so waren es die inzwischen pelojakidische Stadtbürger gewordenen, hirtenstämmigen Einwohner der Pelojakidenstädte, die noch am längsten einen Rest sprachlicher Identität der alten Hirtenstämme der Südebenen bewahrten.
8. Die pelojakidischen Städte waren bis auf kultische Bauten zu jener Zeit fast ausschließlich aus Holz erbaut. Das erklärt die Geschwindigkeit, mit der ihre neuen Städte wuchsen. Doch der geringe Holzbestand der Ebenen setzte gegen Ende des zweiten Reiches der Expansion der Siedlungen eine Grenze. Die gegen Ende der zweiten Reichsperiode einsetzenden heftigen Unruhen zwischen den Städten waren zu einem Teil Kriege, die um das rar gewordene Bauholz geführt wurden. Während man im Süden allmählich dazu überging Lehmziegel zum Bau der Häuser zu verwenden, mußte man im Norden der Ebenen andere Wege suchen, denn dort gab es keine Lehmböden. Man verwendete dort mehr und mehr einen primitiven Mörtel, mit dem man Steine und Geröll in einer Verschalung aus Holz und Ruten zusammenhielt. Doch diese Bauweise setzte der Festigkeit der Mauern Grenzen und das Zusammensuchen geeigneten Baumaterials war sehr zeitaufwendig.
Man begann damit, Holz aus dem Süden zu importieren, auf das man aufgrund der Bevölkerungszunahme angewiesen war. Das Ergebnis war ein Handel mit Bauholz, der die Städte der nördlicheren Ebenen allmählich verarmen ließ. Da sie alle ihre Überschüsse für das Holz eintauschen mußten vermochten die Nordstädte schließlich ihre Tribute an Peloja nicht mehr zu bezahlen. Um das Jahr 3580 v.A. machte sich ein riesiges Heer aus Peloja zu einer Strafexpedition gegen die Nordstädte auf. Die Nordstädte stellten ihrerseits ein gemeinsames Heer auf und schlugen die pelojakidische Strafexpedition vernichtend. Bei den Festlichkeiten zum Peloumlauf von 3573 v.A., der das Ende des zweiten und den Beginn des dritten Reiches Pelo markierte, trat eine Priestergruppe aus einer Nordstadt auf, die eine religiöse und politische Abspaltung der Nordstädte aus dem Reiche der Stadt Peloja verkündete. Sie zweifelte die Richtigkeit der Lehre an, daß man in den Ebenen verbleiben sollte und belebte die alte Forderung nach der Suche des Kometen im Norden neu. So begann die dritte pelojakidische Reichsperiode mit einer politischen und religiösen Insurrektion der verarmten Nordstädte, die weitreichende Folgen haben sollte.
9. Das zweite Reich Pelo, von 3630 bis 3573 v.A., war im großen ganzen die Fortsetzung des ersten Reiches. Hervorzuheben sind die Verschlechterung der Lage der Nordstädte aufgrund der einsetzenden Holzknappheit und die Erfolge der unabhängigen Hirtengebiete im Kampf mit einzelnen Pelojakidenstädten. Doch nur die Holzknappheit setzte der Expansion der pelojakidischen Städte noch Grenzen. Der Handel zwischen den Städten entwickelte sich, die Bevölkerungen wuchsen. Trotzdem waren die Ebenen noch immer extrem dünn besiedelt, die Nahrungsmittelproduktion war überschüssig. Erst die Probleme, die aus der Holzverknappung erwuchsen und die Erstarkung der freien Hirtenstämme setzten der Entwicklung der Pelojakidenstädte und der Vorherrschaft Pelojas gegen Ende des zweiten Reiches allmählich Grenzen. Ihre Vormachtstellung hatte die Hauptstadt nie fest absichern können, die unterjochten Städte warteten nur auf eine Gelegenheit, sich aus dem Tributsystem zu lösen, und die Niederlage von 3580, die Peloja gegen die aufständischen Nordstädte erlitt, war bereits der Anfang ihres Untergangs, bei aller Macht, die sie entfaltet hatte. Aufgrund der Tatsache, daß sich Peloja nur noch mit Hilfe der Tribute aus den anderen Städten ernähren konnte, traf sie das Ausbleiben der Weizensendungen aus vielen Städten nach der Niederlage von 3580 tief. Das selbstsichere Auftreten der Nordstädte bei den Pelofestivitäten von 3573, die in Peloja begangen wurden, zeigt deutlich den Authoritätsverlust Pelojas im Reich, nach nur einer erlittenen Niederlage! Der Beginn der dritten Periode des Reiches Pelo war von Instabilität und Anarchie geprägt. Seit den ersten Jahren dieser dritten Periode befand sich das erste Peloja im Todeskampf und viele der Kämpfe zwischen anderen Städten erscheinen uns heute so, als seien es bereits Kämpfe um die Nachfolge des ersten Peloja gewesen. Man hat mitunter den Eindruck, als hätte es das immer noch mächtige Peloja schon nicht mehr gegeben, verfolgt man die vielen Feldzüge, die andere große Pelojakidenstädte in dieser Zeit gegeneinander unternahmen.
10. Die pelojakidischen Städte dieser Epoche muß man sich als bunte, betriebsame Orte vorstellen, in denen die Bevölkerung eng in verwinkelten Stadtteilen zusammengepfercht lebte. Jeden Tag wurden jetzt große Märkte abgehalten, auf denen die Erzeugnisse der umliegenden Felder und der zahlreichen Handwerksbetriebe der Städte feilgeboten wurden. Die Felder um die Städte waren vom Privatbesitz in Allgemeinbesitz übergegangen, der von der Priesterschaft verwaltet wurde. Innerhalb der Mauern, oder besser meist: der Holzpalisaden, entstanden kleine Unternehmen, das Handwerk blühte auf. Die eingebürgerte hirtenstämmige Bevölkerung war nur kurz darauf beschränkt auf den städtischen Feldern zu arbeiten. Bald betrieben hirtenstämmige Neubürger Lederwerkstätten und Gerbereien. Schon aufgrund des strengen Geruchs der Gerbsäuren und sicher auch wegen ihrer gemeinsamen Herkunft lebten diese Neubürger meist in einem oder mehreren Stadtteilen zusammen. Doch es waren bei weitem nicht die ärmsten Stadtteile in den pelojakidischen Städten, denn die Ledererzeugnisse waren bei den Pelojakiden von hohem Verkaufswert.
Die Pelojakiden liebten Possenspiele und öffentliche Reiterkämpfe, die meist einem Markt begleitend abgehalten wurden. Es gab auch weit über die Grenzen einer Stadt hinaus bekannte Märchenerzähler und Sänger. Die Thematik der erzählten Märchen und gesungenen Lieder widmete sich natürlich fast ausschließlich dem Kometen Pelo und sie waren mit Sicherheit religiösen Inhalts. Mitunter werden in den Chroniken einzelne Sänger oder Erzähler der Plasphemie bezichtigt, sie scheinen also großen Einfluß auf ihre Zuhörer gehabt zu haben, so daß sie der Priesterschaft gefährlich, oder aber zumindest suspekt werden konnten.
IV. Buch
Die Sasukiden
1. Die ereignisreichen Jahre des dritten Pelojakidenreiches haben zu einer völlig neuen Situation in dem Lande geführt, das wir hier beschreiben. Wir wollen jedoch zunächst einen Blick zurück auf die Vorgeschichte dieses dritten Pelojakidenreiches werfen und die Situation beschreiben, deren Folge es war.
Als das zweite pelojakidische Reich zu Ende ging, war die gesamte Fläche der Ebenen des Südens von pelojakidischen Städten bedeckt. Diese Städte existierten als isolierte Stadtstaaten, die der Hauptstadt Peloja gegenüber tributspflichtig waren. Die Hirtenstämme der Südebenen waren in ihrer Mehrzahl direkte Untertanen einer der Pelojakidenstädte geworden. In selteneren Fällen waren Stämme einer Pelojakidenstadt tributspflichtig und lebten ansonsten ungestört in deren Nachbarschaft. Ein großer Teil der Hirtenstämme war jedoch von den pelojakidischen Städten aufgesogen worden. Aufgrund der großen Anzahl der Städte mit großem Anteil ehemaliger Hirten können wir schließen, daß zu Beginn des dritten Reiches Pelo etwa ein Drittel der ursprünglichen hirtenstämmigen Bevölkerung in pelojakidischen Städten lebte. Die restlichen zwei Drittel verteilten sich nach wie vor über die gesamte Fläche der Ebenen, und auf diese Weise lebten die beiden Völker der Pelojakiden und der Hirten ineinander verflochten und nebeneinander her. Die Gebiete der unabhängigen Stämme machten etwa ein Zehntel der Gesamtfläche der Ebenen aus. Die freien Stämme hatten jedoch bereits seit Beginn des ersten Reiches Pelo begonnen seßhaft zu werden und sie trieben Handel mit den Pelojakidenstädten.
Die Pelojakidenstädte lagen weit voneinander entfernt und waren mit Ausnahme der Hauptstadt völlige Selbstversorger. Der Handel zwischen einzelnen Städten war zu dieser Zeit noch sehr sporadisch geblieben. Einzelne Städte hatten sich auf besonderen Gebieten hervorgetan, in der Keramikproduktion, in der Tuchherstellung oder in der Pferdezucht, so daß die Erzeugnisse dieser Spezialisten als Handelsware langsam im ganzen Reich Verbreitung fanden. Doch als gegen Ende des zweiten Reiches das Holz knapp wurde, setzte ein Handel mit diesem Material ein, der die Städte im holzarmen Norden der Ebenen gegenüber denen im Süden verarmen ließ. Das Ergebnis dieses Handels war die Zahlungsunfähigkeit und schließliche Insurrektion der Nordstädte gegen Pelojas Vorherrschaft. Die Abspaltung der Nordstädte, vorallem aber ihre neue religiöse Devise vom Weiterziehen in den Norden hat zu Beginn der dritten Periode das Reich Pelo in eine Krise gestürzt, von der es sich nicht mehr erholen sollte. Zum einen war es eine religiöse Krise, die aber der allgemeinen Anarchie und dem Machtverlust Pelojas noch Auftrieb gab und schließlich den unabhängigen Hirtenvölkern den Respekt vor den überlegenen Pelojakidenstädten nahm. Die Hirtenstämme der freien Gebiete griffen vermehrt die reichen Städte der Pelojakiden an. Zwei destabilisierende Ereignisse läuteten so zu Beginn der dritten Reichsperiode die Umwälzungen dieser Periode ein: zum einen die Abspaltung der Nordstädte und zum anderen der Angriff der freien Hirtenstämme auf die pelojakidische Herrschaft in den Ebenen.
2. Die Abspaltung der Nordstädte blieb in den ersten Jahren nach 3573 v.A. in erster Linie eine religiöse Abspaltung, wenn man einmal außer acht läßt, daß sie natürlich die Tributszahlungen nach Peloja für immer einstellten. Die Priesterschaft der Nordstädte belebte die Idee, den Kometen im Norden zu suchen, neu. Doch sie strebte danach, diese neue Bewegung nach Norden völlig unter ihre Kontrolle zu bringen. Zunächst wurde der Gang in den Norden als eine Art Wallfahrt ausgegeben, die nur Priestern erlaubt war oder Gruppen, die sich unter die Führung einer Priestergruppe des Nordens stellten. Auf diese Weise sicherte sich die Priesterkaste der Nordstädte ihre Macht innerhalb ihrer neuen Religion. Nachdem die ersten Wallfahrer auf ihren Expeditionen die Wälder Asharas erreicht hatten, sah man auch keine Notwendigkeit mehr, die Städte aufzugeben und weiterzuziehen, solange einen ja das Umland der Städte im Grunde ausreichend ernährte und es nur an Holz fehlte. Es wurden seit etwa 3570 v.A. aus den Nordstädten also Expeditionen unter der Leitung der Priesterschaft nach Norden entsandt. Diese Expeditionen errichteten kleine Stützpunkte, die den Nahrungsnachschub aus den Städten sicherten. Über diese Stationen zogen dann die Expeditionen mit dem Holz aus Ashara zurück nach Süden ins nördliche Reich Pelo. Die Besatzungen der Stützpunkte bestand aus Priestern, Soldaten und Arbeitern. Es waren zu Beginn heilige Orte. In keinem dieser Stützpunkte lebten mehr als etwa 300 Personen. Sie entwickelten sich schnell zu Handelsposten und Umschlagplätzen. Die Nordstädte hatten bald das uneingeschränkte Monopol auf die im Reich benötigten Holzvorräte, denn Holz war in Ashara im Überfluß vorhanden und von weit besserer Qualität, als das aus dem Süden der Ebenen. Immer mehr Städte fielen von Peloja ab, denn ein Bündnis mit den abtrünnigen Nordstädten sicherte einer Stadt das Bauholz. Es überrascht kaum, daß die Priesterschaft Pelojas die Expeditionen in den Norden als religiöse Verfehlung anprangerte und zum heiligen Krieg gegen die Nordstädte aufrief. Es überrascht auch nicht, daß dieser Religionskrieg nicht allzu leidenschaftlich geführt wurde, denn der Mangel an Holz bestimmte letztlich die religiöse Orientierung der Pelojakidenstädte, von denen mehr und mehr der religiösen Führerschaft der Nordstädte zuliefen. Immer mehr Städte, auch des Südens, schickten ihre Expeditionen in den Norden, natürlich unter der Kontrolle der Priesterschaft der Nordstädte. Alle Expeditionen mußten von den Nordstädten genehmigt sein und die Südstädte mußten immense Steuern für diese Expeditionen bezahlen.
Um das Jahr 3530 v.A. hatten bereits über zwei Drittel aller Pelojakidenstädte ihre eigene Expedition in den Norden entsandt und mit Genehmigung der Nordstädte dort eigene Stützpunkte errichtet. Indirekt, und zwar über die für die Expeditionen in den Norden erhobenen Steuern, kontrollierten die Nordstädte also bereits die Finanzen etwa eines Drittels aller Pelojakidenstädte. Und so kam es zwangläufig im Jahr 3525 v.A. zur Eroberung und völligen Zerstörung Pelojas durch ein Heer der Nordstädte. Die größte Stadt des Nordens nannte sich von nun an selbst Peloja und war die neue Hauptstadt eines neuen Reiches, dessen Schwerpunkt im Norden der Ebenen lag und das sich völlig anders gestalten sollte, als das alte Reich des Südens.
3. Den freien Hirtenstämmen war zu Beginn des dritten Peloreiches nicht entgangen, daß die Pelojakiden langsam in eine Krise gerieten. Einer ihrer Führer nutzte die Gelegenheit der Stunde und rief alle freien und die in Abhängigkeit von den Pelojakiden lebenden Stämme zum gemeinsamen Krieg gegen die Pelojakiden auf. Er führte den pelojakidischen Begriff `Sasukiden' (Sattelmacher) als einheitlichen Namen für die Hirtenstämme ein. Dies war notwendig, denn er brauchte einen Namen, der alle Hirtenstämme gleichwertig und doch in einem benannte, und in der Hirtensprache gab es keinen solchen Ausdruck, jeder Stamm hatte seinen eigenen Namen, der `die Menschen' bedeutete. Die Sasukiden bildeten ein Heer und überfielen und plünderten eine Anzahl kleinerer Pelojakidenstädte. Diese Ereignisse beschleunigten den Abfall vieler Städte vom ersten Peloja, denn die Heere der Hauptstadt kümmerten sich nur um die Insurrektion der Nordstädte und kaum um den sasukidischen Aufstand, der eine so mächtige Pelojakidenstadt wie Peloja nicht bedrohen konnte. Folgerichtig operierten die Sasukiden nur im Süden der Ebenen, wo sie kein Großheer Pelojas fürchten mußten. Ihre Erfolge mehrten sich und sie bekamen immer mehr Zulauf von anderen Hirtenstämmen. Stadt um Stadt im Süden Pelos fiel, und so blieben nun auch Tributszahlungen und Nahrungsmitteltransporte aus dem Süden nach Peloja aus. In der Hauptstadt fehlte es an Nahrung und Sold für die Soldaten. Innerhalb der Stadt ist es sicher zu Unmutsäußerungen von Heer und Bevölkerung gekommen. Wir wissen darüber leider nichts, denn alle späten Chroniken dieses ersten Peloja wurden bei seiner Zerstörung vernichtet.
Da die Sasukiden mit unglaublicher Grausamkeit gegen die hirtenstämmige Bevölkerung der von ihnen eroberten Pelojakidenstädte vorging, floh diese aus fast allen Städten des Südens in den Norden. Diese Fluchtbewegung hat dazu geführt, daß das Lederhandwerk, die Domäne der hirtenstämmigen Bevölkerung, beinahe vollständig in den Norden abwanderte. Dem Norden fiel auf diese Weise eine weitere Einnahmequelle zu. Die hirtenstämmige Bevölkerung nahm die Reste der Hirtensprachen mit sich in den Norden, die im Süden allmählich verschwinden sollten. Sie stellte schließlich in den Städten des Nordens beinahe die Hälfte der Gesamtbevölkerung und hat dazu beigetragen, daß die Kultur des zweiten Peloja große Unterschiede zu der des ersten zeigen sollte.
Die Sasukiden hatten schließlich beinahe den ganzen Süden des Reiches erobert. Viele pelojakidische Städte erkannten sie als neue Herren und Nachfolger Pelojas an und zahlten ihnen Tribute. Die Sasukiden schickten sich an, Peloja anzugreifen. Doch bevor ihr Heer nach Peloja gelangte, gelang einem Heer der noch freien Südstädte ein vernichtender Sieg über das sasukidische Heer. Bei diesem Sieg ist vorallem bemerkenswert, daß die Hauptstadt Peloja zu dem Heer das ihn erfochten hat keinen eigenen Beitrag geleistet hatte. Es zeigt, daß Peloja seiner Rolle als Hauptstadt längst nicht mehr gerecht wurde. Die einzelnen Stationen seines weiteren Machtverlusts sind uns unbekannt, wir wissen lediglich, daß es 3525 v.A. von einem Heer aus dem Norden völlig zerstört wurde. Der Norden, namentlich das neue Peloja, machte damit der Macht des Südens ein Ende.
Die Sasukiden erholten sich ihrerseits von ihrer Niederlage gegen die Südstädte nicht mehr und gerieten unter deren Herrschaft. Ihre Führer wurden sämtlich hingerichtet, ihre Organisationsstrukturen zerschlagen. Sie wurden in Reservaten angesiedelt, die unter pelojakidischer Verwaltung standen und das Pelojakidisch der Südstädte wurde zur offiziellen Sprache in den Reservaten. Daß die Sasukiden überleben konnten lag allein daran, daß die Südstädte selbst durch den Verlust der hirtenstämmigen Bevölkerung, durch die Verwüstungen des Krieges und die Verlagerung der Macht in den Norden in Abhängigkeit von dem neuen Reich im Norden geraten waren, in der sie sich nur langsam erholen konnten. Sie brauchten die Sasukiden, um ihre völlig am Boden liegende Erzeugung von Nahrungsmitteln und Produktion von Handelsgütern wieder aufzubauen.
4. Das neue Peloja im Norden wiederholte die Fehler des ersten Peloja nicht. Es machte erst gar nicht den Versuch ein so großes Reich zu beherrschen, wie dies das südliche Peloja getan hatte, sondern beschränkte seinen Machtbereich auf den Norden der Ebenen. Sein Reich gründete es auf die straffe Führung der Priesterschaft über das ganze Reich, welche das neue religiöse Streben nach dem Norden in Form von Pilgerexpeditionen organisatorisch und finanziell steuerte. Man bemühte sich im Reich um eine höhere Siedlungsdichte, welche die Entfernungen verkürzte und die Aktivitäten der anderen Städte kontrollierbar machte. Ein Netz von Straßen wurde angelegt, das alle Nordstädte mit Peloja verband. Alle Städte des Reiches hatten das Recht, eigene kleine Pilgerkolonien im Norden zu errichten und so die Möglichkeit, Bauholz heranzuschaffen und durch dessen Verkauf in den Süden zu Reichtum zu kommen. Zudem entdeckte man nach kurzer Zeit die Gold- und Silberminen im Zentrum Asharas. Nach und nach entwickelten sich einige der Pilgerkolonien zu weltlichen Städten, eine Entwicklung, die die Priesterschaft wegen der Reichtümer, die sie dem Reich einbrachten, duldete. Da man bereits 3543 v.A. bis ins Kettengebirge vorgedrungen war, also noch vor der Zerstörung des Reiches des ersten Peloja, wußte man genau, daß einen dort im Norden ein an Holz und Bodenschätzen reiches Land erwartete. Das neue Peloja war klug genug, das Vordringen in diese Gebiete zu bremsen und ihre Besiedelung streng zu kontrollieren, um nicht in die selben Schwierigkeiten zu geraten wie das südliche, erste Peloja, das im Grunde daran gescheitert war, daß sich die Macht an die Peripherie seines viel zu großen Reiches verlagert hatte, wo sie sich dem Zugriff der Hauptstadt entzog. Als 3516 v.A. das vierte Reich begann kontrollierte das neue Peloja etwa 250 Kolonien auf dem Gebiet Asharas, die sich wie eine Schnur durch die Grashügel in dessen Süden bis zu den dichten Wäldern in seinem Herzen hinzogen. Auf der über 600 Meilen langen Straße, die von der Hauptstadt Peloja bis in die Wälder im Norden Asharas führte, wurden Gold, Silber und Holz ins Reich geschafft. Das zweite Peloja gründete dutzende von Städten neu. Durch Abwanderung vieler Pelojakiden aus dem Süden, wovon den größten Teil die hirtenstämmige Bevölkerung der Südstädte stellte, war im Norden ein enormer Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen. Doch der Norden prosperierte dennoch Dank des Silbers und Goldes aus Ashara, und die Wälder lieferten genügend Holz für die enorme Bautätigkeit des Reiches.
5. Die Entwicklung im Süden der Ebenen war während der vierten Reichsperiode (3516 - 3459 v.A.) vom sehr langsamen Erholungsprozeß der südlichen Pelojakidenstädte gekennzeichnet, die nicht zu dem neuen Nordreich gehörten und mit den Sasukidenreservaten in einer Art Symbiose lebten. Die Sasukiden begannen um die Mitte des vierten Reiches (etwa 3500 v.A.) damit, nach pelojakidischem Vorbild Städte zu errichten, Ackerbau zu treiben und sich in den Handel mit dem Reiche Pelo im Norden einzuschalten. Die Entwicklung in den Südebenen stagnierte allerdings, denn immer noch war Holz hier rar und nur sehr teuer aus dem Norden zu beziehen. Es mangelte an Baumaterial und Brennstoff. Langsam änderten die Städte im Süden ihr Aussehen, denn man verwandte jetzt zunehmend an der Sonne gebrannte Ziegel zum Bau der Städte. Da jedoch die Ernährungslage noch immer ausreichend gesichert war, wuchs auch im Süden die Bevölkerung an und die Städte wuchsen über ihre Holzpalisaden hinaus, die man um des Holzes willen abriß. Neue Mauern wurden nicht gebaut, denn man führte aufgrund der zunehmenden Verarmung keine Kriege mehr, sondern unternahm höchstens Raubzüge ins reiche Pelo. Die religiöse Motivation, dem Kometen die größte Pracht bieten zu können war verständlicherweise nicht mehr wirksam. Die Südstädte, die es sich leisten konnten, schickten ihrerseits Expeditionen in den Norden, wofür Peloja Steuern erhob. So entstand im Süden langsam ein Gefälle zwischen sehr reichen Städten, die über die begehrten Materialien verfügten und armen Städten, die selbst keine Expeditionen in den Norden finanzieren konnten und so in Abhängigkeit von den reicheren gerieten. Den Sasukidenstädten, die ihre Ledererzeugnisse nach der Abwanderung der hirtenstämmigen Bevölkerung in den Norden bei den Südstädten gut vermarkten konnten, ging es bald besser, als den armen Pelojakidenstädten.
Nach wie vor lagen die Städte im Süden weit voneinander entfernt, was den Handel und die Entwicklung erschwerte und wohl auch dafür verantwortlich ist, daß sich kein Südreich oder auch nur ein Städtebündnis der Südstädte gebildet hat. Die Südstädte blieben vielmehr auf dem Niveau der frühen Stadtstaaten. Diese Tatsache kam den jungen Sasukidenstädten zugute, die sich ungehindert entwickeln konnten und viel von ihrer anfänglichen kulturellen Unterlegenheit wettmachten. Aus der Zeit des vierten Reiches Pelo stammen die ersten schriftlichen Zeugnisse der Sasukiden, also der Nachfahren der Hirtenstämme der Südebenen. Sie hatten die pelojakidischen Schriftzeichen übernommen, die sie allerdings über die Jahrhunderte abwandelten, so daß später die sasukidische Schrift mit der pelojakidischen keine Ähnlichkeit mehr zu haben scheint, doch beide stammen von derselben Schrift ab.
Nach einer frühen sasukidischen Chronik lebte zu Ende des vierten Reiches Pelo etwa ein Viertel der Sasukiden in Städten. Wenn man in Betracht zieht, daß ursprünglich wohl eine halbe Million Hirten in den Ebenen lebten von denen ein Drittel mit den Pelojakiden verschmolzen war und man noch einbezieht, daß die Hirten während und nach ihrem großen Aufstand im dritten Reich Pelo mit großer Wahrscheinlichkeit stark dezimiert wurden, so würde das bedeuten, daß es etwa 70 - 80000 Sasukiden waren, die zu Ende des vierten Reiches, also gegen 3450 v.A., in Städten lebten. Das spätere sasukidische Reich hätte demgemäß also schon früh einen beeindruckenden Vorläufer in der Geschichte gehabt. Möglicherweise ist die Zahl vielleicht viel zu hoch gegriffen, denn die Angabe von einer halben Million Menschen in den Ebenen ist eine pelojakidische Angabe, die vielleicht nach oben verfälscht war, um die Geschichte der Eroberung der Ebenen zu glorifizieren. Doch Funde von alten Sasukidenstädten weisen oftmals Flächenausdehnungen von Städten auf, in denen gut einige Tausend Menschen gewohnt haben könnten. Nach Angaben der Sasukiden gab es in dieser Epoche `neun sehr große Sasukidenstädte'. Diese neun Städte könnten also durchaus zwischen 8000 und 9000 Einwohner gezählt haben. Zumindest waren einzelne Sasukidenstädte sehr mächtig geworden, denn schon zu dieser Zeit wurden sie in den Chroniken des Reiches im Norden häufiger erwähnt, als die pelojakidischen Städte des Südens.
6. Die Geschichte der Hirtenvölker erlebt in dieser Epoche einen entscheidenden Aufschwung. Aus einem primitiven Nomadenvolk, das der Überlegenheit der Pelojakiden bei deren Ankunft in den Ebenen nichts entgegenzusetzen hatte, wurde eine Macht, mit der man seit dem Ende des vierten Reiches Pelo (3459 v.A.) rechnen mußte. Der Aufstand der Hirtenstämme gegen die Pelojakiden und ihr Versuch, die Südebenen zurückzuerobern schlug zwar fehl, doch begründete er ein neues Selbstverständnis der Hirtenvölker, die unter dem Namen `Sasukiden' zu einer geschlossenen Kulturgruppe vereinigt wurden. Diese Integration unter einem gemeinsamen Namen führte sie zuletzt zu einer höheren Kulturstufe, namentlich ihre Städte, die alle unter pelojakidischer Verwaltung standen, schnell das Niveau der südlichen Pelojakidenstädte im Ackerbau, sowie der Schrift, der Metallverarbeitung und der Architektur erreichten und in allen diesen Disziplinen ihren eigenen Stil entwickelten.
Über die Jahre kristallisierte sich bei den Sasukiden ein starkes Gefälle zwischen Stadtbewohnern und Landbewohnern heraus. Die sasukidische Landbevölkerung, die sowohl von den Pelojakidenstädten wie von denen der Sasukiden selbst abhängig war, verarmte zunehmend. Sie hatte an den kulturellen Errungenschaften der sasukidischen Städte kaum Anteil. Die Landbevölkerung war zwar inzwischen seßhaft geworden und lebte materiell besser als zur Nomadenzeit, doch von Wohlstand kann nicht gesprochen werden, und es gibt Berichte der Sasukiden, die vom Elend der auf den Ebenen lebenden sasukidischen Stämme sprechen.
Die neuen Errungenschaften erlangten scheinbar nur die in Städten ansässigen Sasukiden und nur sie profitierten von deren Nutzung. Die Sasukidenstädte bestraften schwere Vergehen mit der Verbannung des Täters zu den in den Ebenen lebenden Stämmen. Während die Pelojakiden die ländlichen Stämme verachteten, brachten sie den sasukidischen Städten allmählich Respekt entgegen und übernahmen deren Methoden bei der Lederverarbeitung und einzelne Worte der Sasukidensprache, vornehmlich aus diesem Feld.
Die pelojakidische Verwaltung der Sasukidenstädte wurde mit der Zeit gelockert und einige Städte kann man durchaus als von den Sasukiden selbständig verwaltet betrachten. Sie übertrafen bald viele Pelojakidenstädte an Wohlstand und Bevölkerungszahl und spielten im sich allmählich herausbildenden Handel zwischen den Städten des Reiches Pelo eine wichtige Rolle als Zulieferer von Ledererzeugnissen. Zu militärischen Auseinandersetzungen der sasukidischen Städte mit den Pelojakiden ist es anscheinend nie gekommen, sie waren verläßliche Nachbarn für die Pelojakiden, die in manchen Fällen sogar eine Pelojakidenstadt bei einer Unternehmung gegen einen Sasukidenstamm in den Ebenen unterstützten.
V. Buch
Die Shuimakiden
1. Die Hauptstadt des neuen Reiches Pelo, das zweite Peloja, lag im Norden der Südebenen, etwa noch 200 Meilen von der heutigen Grenze zwischen Sasu und Ashara. Als Reichsgebiet betrachtete dieses Peloja einen Raum, der sich von der Hauptstadt etwa 300 Meilen nach Süden erstreckte und gut 100 Meilen ins heutige Ashara hinein. Die Pelojakiden dieser Epoche waren also die ersten Siedler in Ashara, von denen wir wissen. Ihre Stützpunkte griffen jedoch weit bis in den Norden Asharas hinein. Das zweite Peloja wurde von einer mächtigen Priesterkaste regiert. Im ganzen Reich Pelo traten die Jungen in ihrem 12. Lebensjahr in Schulen ein, die von den Priestern geleitet wurden. Eine Elite wurde ausgesondert, und nach zwei Jahren vom Rest der Scholasten getrennt. Sie bildeten den Nachwuchs für die Priesterkaste. Während die anderen jungen Männer von ihrem 17. bis zu ihrem 25. Lebensjahr Soldaten wurden, wurden die Eliteklassen in speziellen Einrichtungen in die hohe Kunst der religiösen Führung des Reiches eingewiesen. Nach weiteren drei Jahren an diesen Hochschulen der Priesterschaft wurden sie auf das ganze Reich verteilt, um in einer der Städte ein zunächst niedriges Amt anzutreten. Am Ende der Erfolgsleiter stand das Hohepriesteramt einer Stadt, ganz zuoberst das Hohepriesteramt über das Reich. Beide Posten wurden auf Lebenszeit vergeben. Am unteren Ende der Erfolgsleiter waren diese Priesterschüler praktisch hohe Staatsbeamte, die den Beamtenapparat des Reiches leiteten.
Das Heer dieses Reiches Pelo bestand zum großen Teil aus den Wehrpflichtigen 17 bis 25-Jährigen, doch die höheren Ränge waren ausschließlich mit Berufssoldaten besetzt. Benötigte man in Krisenzeiten mehr Soldaten, so nahm man kurzzeitig Söldner unter Vertag.
Die Truppen des zweiten Peloja waren gegenüber denen des ersten viel mobiler und auf den Reichsstraßen schnell an jedem gewünschten Ort. Innerhalb des Reiches hat es keine Erhebungen einzelner Städte mehr gegeben und Kriege wurden nur noch nach außen geführt, namentlich gegen die Städte der Südebenen, die immer wieder ins Reich einfielen.
2. Die von den Stützpunkten im Norden kommenden Importe an Holz, Silber und Gold wurden bald durch weitere Metalle, Eisen, Kupfer und Zinn, ergänzt. Das Reich wurde schnell wohlhabend und hatte keine Mühe, gelegentliche Versuche von Überfällen aus Städten der Südebenen abzuwehren. Der Begriff `Norden' bekam für die Pelojakiden allmählich einen neuen Inhalt. Früher war er rein mystisch-religiös gewesen, Ausdruck einer Erlösung in der Zukunft. Allmählich bedeutete er einfach materiellen Wohlstand. Die Kolonisation des Nordens mußte nicht mehr religiös motiviert werden. Sie bedeutete Wohlstand und Reichtum und im Reiche Pelo wurde nur allzugut verstanden, warum die Priesterschaft Pelojas die Kolonisation streng kontrollierte. Immer häufiger kam es zu von Peloja nicht genehmigten Expeditionen und Gründungen größerer Siedlungen im heutigen Ashara, die versuchten, Peloja die Steuern für Importe ins Reich zu unterschlagen. Immer häufiger erreichten Expeditionen das Kettengebirge, denn je ferner man dem Reich war, desto leichter ließen sich Holz und Metalle ohne Pelojas Zugriff gewinnen. Doch die Abenteurer brachten aus dem hohen Norden nicht nur Berichte von der Unermeßlichkeit des asharakidischen Landes mit, sondern auch Gerüchte, nach denen sich dort im Norden ein immenses Gebirge erheben sollte, auf dessen Gipfeln man den Kometen Pelo in einer Klarheit sah, wie niemals in den Ebenen und dazu noch zwei Nächte länger als dort. Diese Berichte brachten das Selbstverständnis der Pelojakiden und damit die Macht der Priesterschaft ins Wanken. Denn obwohl man dem heiligen Kometen in diesem Gebirge scheinbar näher war als in den Ebenen, war doch das Land dort unwirtlich und feindlich. Kleine, häßliche Menschen lebten dort ein Leben, das vom Kampf gegeneinander und von fürchterlichen Göttern bestimmt war. Wie aber war das mit der Auslegung zu vereinbaren, daß der Komet und das Heil im Norden lagen? Im Jahre 3328 v.A. verbietet Peloja in einem Reichsedikt die Verbreitung der Kunde von der Klarheit des Kometen im Gebirge und der längeren Sichtbarkeit. Das geschieht während des siebten Reiches Pelo (3345 bis 3288 v.A.). Ketzer traten auf die der Priesterschaft vorwarfen, mit ihrer Kontrolle über die Kolonisation im Norden nicht mehr religiös moralisch, sondern nur noch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu handeln und das Volk zu beschwindeln. Denn die Konsequenz aus den Beobachtungen im Gebirge sei, daß die Priesterschaft nun Expeditionen ins Kettengebirge unternehmen und die Kolonisation des Nordens freigeben solle, die ja anscheinend mit einem religiös moralischen Handeln nichts zu tun habe, sondern nur mit dem allgemeinen Wohlstand des Reiches.
Die größeren Städte des Reiches und die Kolonien nahmen diese Kritik nur allzugern an, denn sie erhofften sich, im Norden ihre Geschäfte ohne die Steuern Pelojas machen zu können. Vorallem die Kolonien verwiesen häufiger auf den Widerspruch einer kargen, ärmlichen Landschaft, in der man aber dem heiligen Kometen am nächsten war, zum Führungsanspruch der Priesterschaft bei der Ausbeutung der reichen asharakidischen Landschaft. Die mächtigsten der Koloniestädte vertrieben im Jahre 3294 v.A. die Priesterschaft Pelojas und ließen nur noch eine Priesterschaft zu, die als neue religiöse Devise ausgab, daß die Gipfel des Kettengebirges heilige Orte seien und jeder fromme Pelojakide dort einmal im Leben hinpilgern sollte. Die Priesterschaft dieser Koloniestädte beschied sich in ein ärmliches Leben, das dem Ort der Nähe zum Kometen, den kargen Gipfeln des Kettengebirges, angemessen war.
Peloja, das sich bereits mitten in den aufwendigen Vorbereitungen zu den Festlichkeiten zum Peloumlauf von 3288 v.A. und dem Beginn des achten Reiches Pelo befand, unternahm gegen diese Koloniestädte zunächst nichts. Man hoffte vielleicht, diese revoltierenden Städte, die ja ihre Delegationen zu den Feierlichkeiten entsenden mußten, bei diesem Anlaß zur Rechenschaft ziehen zu können. Doch die Koloniestädte sandten zu den Pelofeierlichkeiten nur ihre Priester, nicht aber die neuen, weltlichen Stadtherrscher. Peloja ließ die Priester aus den Koloniestädten von der neuen Auslegung der Religion abschwören und richtete diejenigen auf grausamste Weise hin, die es nicht taten, um andere Städte abzuschrecken. Doch sie konnte die neue Bewegung im Reich nicht aufhalten, die eine weltliche Kontrolle der Besiedelung Asharas forderte. Warum es der Priesterschaft in Peloja nicht gelang, diese Forderung einiger großer Koloniestädte und sympatisierender Reichsstädte zu unterdrücken, erklärt sich aus Vorkommnissen im heutigen Ashara, die wir an dieser Stelle erläutern müssen.
3. Im Jahre 3443 v.A. war eine Abteilung Soldaten aus einer pelojakidischen Kolonie in Ashara an der Küste des Westmeers auf einen Küstenstützpunkt eines den Pelojakiden vorher völlig unbekannten Seevolks getroffen. Der Bericht spricht von einer kleinen Niederlassung von etwa 600 Menschen an einer Stelle der Küste, die einen natürlichen Hafen bildete. In diesem Hafen lagen nach dem Bericht der pelojakidischen Entdecker acht große Lastschiffe vor Anker, sowie unzählige kleine Boote. Die Bewohner dieser Niederlassung gaben den Pelojakiden an, daß sie diesen Ort und andere entlang der Küste des Westmeers gelegene Naturhäfen seit langer Zeit benützten, um auf ihren Fahrten ihre Vorräte an Wasser und Nahrungsmitteln aufzufrischen und an den Lastenseglern entstandene Schäden zu reparieren. Die Pelojakiden, denen der Gebrauch von Segeln unbekannt war, nannten diese Leute die Shuimakiden, was Windleute bedeutet. Die Shuimakiden waren auf den vielen Inseln des Westmeers ansässig. Sie trieben Handel von den Küsten des Nordmeers, das sich vom Norden Asharas bis zum Nordkap des Kontinents erstreckt bis zu den sonnigen Küsten des Südmeers. Aus dem Norden schafften sie Bernstein, Felle und Wolle in den Raum der Südmeerkulturen und brachten von dort Tuche, Wein, Öle, Gewürze und Weizen in den Norden.
Bald traten die Shuimakiden mit den pelojakidischen Kolonien in enge Handelsbeziehungen. Sie waren vorallem an den pelojakidischen Metallen und dem Bernstein Asharas interessiert, das sie im fernen Süden eintauschten. Die Pelojakiden bekamen dafür große Tongefäße und Tuche aus den Südmeerreichen geliefert. Gegen Ende des sechsten Reiches (3345 v.A.) hatte dieser Handel bereits einen so großen Umfang erreicht, daß die Shuimakidenstützpunkte und viele pelojakidische Kolonien zu reichen Städten geworden waren. Bald begannen die Pelojakiden, billigen Weizen aus dem Südmeerraum einzuführen, was vorallem den Koloniestädten zugute kam, die im bewaldeten Ashara bereits an die Grenze ihres Wachstums geraten waren, da die wenigen Felder ihre rasch wachsende Bevölkerung nicht mehr hatten ernähren können und sie sich durch Weizensendungen aus Pelo hatten behelfen müssen. Doch auch in Pelo waren diese Weizenimporte aus dem Südmeerraum willkommen. Peloja versuchte zwar, die Bedeutung des billigen Südmeerweizens einzuschränken, damit das Reich nicht von den Weizenimporten der shuimakidischen Städte abhängig würde, doch viele Städte Pelos verließen sich bald fast ausschließlich auf diesen billigen Importweizen, da er ihre Produktionskräfte aus dem Weizenanbau für andere Beschäftigungen freisetzte, wie zum Beispiel für die Metallverarbeitung.
4. Die Shuimakiden der Küstenstädte betrachteten die Küsten Asharas inzwischen als ihre neue Heimat und trachteten danach, sich von ihren Herkunftsländern unabhängig zu machen. Es war zu einer engen Annäherung dieser Städte an die pelojakidischen Kolonien in Ashara gekommen, da beide ein gemeinsames Interesse verband: die Unabhängigkeit von ihren Herkunftsländern. Als Peloja erste Strafexpeditionen zu den Kolonien nach Ashara entsandte, um sie wieder unter die Kontrolle der Priesterschaft des Reiches zu zwingen, brachten diese die Shuimakidenstädte dazu, Pelo mit der Einstellung der Weizenimporte zu drohen, wenn es die neuen weltlichen Führer der Koloniestädte und die neue Priesterschaft dort nicht anerkenne. Peloja, das ohne diese Importe inzwischen nicht mehr auskommen konnte und keine eigene Handelsflotte besaß, um den Weizen selbst aus dem Südmerraum zu importieren, mußte die neue weltliche Herrschaft in den Koloniestädten zunächst hinnehmen. Es konnte sich das Ausbleiben der Weizenimporte aus den Südmeerreichen nicht leisten und die Holz- und Metallieferungen aus den Koloniestädten wurden ja weiterhin geleistet, wenn auch Peloja jetzt die Preise nicht mehr diktierte.
5. Im Jahre 3257 v.A. des achten Reiches Pelo schlossen zwölf große Koloniestädte der Pelojakiden und die shuimakidischen Küstenstädte einen Städtebund, der die Unabhängigkeit des Bundes von Pelo und den Shuimakidensippen postulierte. Peloja erklärte diesem Bund den Krieg. Es kam damit zum ersten Krieg des Reiches Pelo, der gegen einen äußeren Feind geführt wurde und nicht nur um den Machterhalt der Hauptstadt willen (3257 - 3241 v.A.). Der Erste Shuimakidische Krieg, wie er in den pelojakidischen Chroniken genannt wird, brachte dem Städtebund der Kolonien mit den shuimakidischen Küstenstädten die Unabhängigkeit und brachte ein neues Reich an der Westküste Asharas hervor. Wir werden den Verlauf dieses Krieges später im VI. Buch erläutern.
6. An dieser Stelle jedoch müssen wir die pelojakidischen Bezeichnungen für die Ländereien Asharas einführen, denn in der Folge dieses Krieges haben sich die Verhältnisse in Ashara so diffus entwickelt, daß die Bezeichnung Ashara, die während dieser Epoche ja auch noch gar nicht existierte, zur Erklärung der Vorgänge nicht mehr hinreicht.
Das Gebiet des Städtebundes an der Westküste, das sich jedoch teilweise bis zu 100 Meilen ins Binnenland erstreckte, nannten die Pelojakiden `Shuimakija'. Shuimakija war das volkreichste Gebiet in Ashara, denn dort befanden sich außer den 12 größten Koloniestädten noch die shuimakidischen Küstenstützpunkte und Hafenstädte, die alle dichtgedrängt in einem Gebiet an der Westküste Asharas lagen, etwa 300 Meilen nördlich der Nordgrenze Pelos.
Das restliche asharakidische Gebiet hatten sie aufgund der Wälder `Bashbakija', Waldland, genannt. Bashbakija reichte von der Nordgrenze Pelos bis ans Kettengebirge und umfaßte damit das ganze Shuimakija. Es war etwa fünfmal so groß an Fläche wie Shuimakija, doch lebten in ganz Bashbakija weit weniger Menschen als dort.
Den Süden der Ebenen, das Gebiet der nicht zum Reiche Pelo gehörenden Pelojakiden- und Sasukidenstädte nannten sie `Sasukija', das Land der Sattelmacher. Sasukija erstreckte sich von der Südgrenze Pelos gen Süden über die Südebenen. Es war dünner besiedelt als Pelo, da es einen gut sechsmal so großen Raum einnahm, doch lebten dort wohl genausoviel Menschen in den pelojakidischen und sasukidischen Städten wie im Reiche Pelo.
Ihr eigenes Reichsgebiet im Norden der Ebenen und im Süden Asharas nannten die Pelojakiden `Pelokija'. Das Kettengebirge im Norden nannten sie `Monakija', das hohe Bergland. Die kleinen Königreiche der Bergbewohner waren noch sehr einfach geblieben und hatten beim Eintreffen der ersten Kolonisten Pelos den ersten Kontakt zu einem anderen Volk. Alle diese Gebiete, von Monakija im Norden bis Sasukija im Süden wurden in den ersten Shuimakidischen Krieg hineingezogen, und diese Tatsache zeigt, wie sehr das Gebiet unseres Landes schon damals zusammengehörte und schicksalshafte Veränderungen das Gebiet von den Südebenen bis zum Kettengebirge in Mitleidenschaft ziehen konnten.
7. Wir wollen an dieser Stelle noch näher auf die Shuimakiden eingehen, die in der Folge die Geschehnisse in unserem Land entscheidend mitbestimmt haben.
Im Jahre 3443 v.A. waren Soldaten aus einer Kolonie Pelojas in Ashara an der Westküste zum ersten Mal auf einen Stützpunkt dieses Seevolks gestoßen. Seit etwa 3430 v.A. landeten die Handelsschiffe der Shuimakiden regelmäßig an dieser Küste, und ihre Stützpunkte waren permanent bewohnt. Die Kommandanten jener beim ersten Kontakt mit den pelojakidischen Siedlern bereits zu kleinen Hafenstädten gewordenen Siedlungen, waren ranghohe Kapitäne der Marine der vereinigten Shuimakidensippen, die auf den zahlreichen Inseln im Westmeer verstreut lagen. Die Shuimakiden waren Händler, die den Seehandel im gesamten Nord- und Westmeer bis in den Südmeerraum kontrollierten. Ihre Handelsschiffe gehörten einer gemeinsamen Marine aller Shuimakidensippen an. Sie segelten von den Westmeerinseln die kürzeste Strecke ostwärts an die asharakidische Westküste und folgten ihr dann bis zu den Südmeerreichen. Da eine Reise von den Inseln der Shuimakiden bis ins Südmmer gut zwei Monate dauern konnte, hatten sie die Stützpunkte an Asharas Küste eingerichtet. Der Holzreichtum des Landes, das bis an die Küsten bewaldet ist, kam ihnen dabei ebenso zugute, wie die zahlreichen kleinen Flüsse, die dort ins Westmeer münden und ihnen Frischwasser lieferten.
Nachdem die Shuimakidenstädte begonnen hatten, mit den Kolonien Pelojas Handel zu treiben, hatten die Kommandanten der shuimakidischen Marine schnell erkannt, daß sie sich in diesem Lande auf einfache Weise bereichern konnten. Die shuimakidischen Inseln waren weit, und so lange die Stützpunkte ihre Funktion erfüllten, waren von den Handelsgilden der Shuimakideninseln keine Schritte gegen eigenständige Geschäfte der Stützpunktkommandanten zu befürchten.
Mit Beginn der billigen Weizenimporte aus den Südmeerreichen aufs Festland und damit ins Reich Pelo griffen die Shuimakidenstädte in Shuimakija direkt in die Machtpolitik Pelos ein. Sie wußten, daß sie sich gegen einen so mächtigen Gegner wie Pelo alleine nicht behaupten konnten. Und so nutzten sie die Unzufriedenheit der mächtigen pelojakidischen Kolonien mit Peloja zu einem Bündnis mit diesen Kolonien, das sie gegen Pelo schützte und ihnen Handelspartner und Warenlieferanten im asharakidischen Hinterland sicherte.
VI. Buch
Der erste Shuimakidische Krieg
1. Peloja schickte zuerst seine Truppen gegen die großen Koloniestädte, die dem Städtebund angehörten und entmachtete in den großen Städten des Reiches Pelo, die mit dem Städtebund sympathisierten, die führende Schicht. Man hoffte, auf diese Weise die shuimakidischen Städte durch die Isolierung von ihren Zulieferern zu eigenen Handelspartnern machen zu können. Gleichzeitig begann Pelojas Priesterschaft das Reich mit Terror zu regieren und alle Gedanken an unabhängige Geschäfte mit den Kolonien oder den Shuimakidenstädten im Keime zu ersticken. Der Städtebund, der sofort nach der Kriegserkärung aus Peloja die Lieferungen ins Reich eingestellt hatte, stellte ein gemeinsames Heer auf, das seinerseits versuchen sollte, die restlichen Koloniestädte Pelojas in Bashbakija mit Gewalt in den Städtebund Shuimakijas zu zwingen um Peloja weitgehend von den Holz- und Metallimporten von dort abzuschneiden.
Doch Pelos Heere waren zu mächtig, als daß sich die Truppen des Städtebundes mit ihnen hätten messen können. Die Holz- und Metallieferungen aus Bashbakija nach Pelo gingen weiter. Doch die Städte Pelos spürten das Ausbleiben der großen Karavanen aus Shuimakija, die den Weizen gebracht hatten.
Als Peloja seine Truppen gegen die shuimakidischen Hafenstädte aussandte um sich den Importweizen aus den Südmeerreichen zu sichern, verluden die verbündeten Städte ein Heer auf Schiffe und segelten die Westküste hinunter. Sie landeten in den Südebenen an der südlichen Grenze Pelos. Ihr Heer war zu unbedeutend um das Reich tatsächlich vom Süden her ernstlich bedrohen zu können, doch sie schlossen ein Bündnis mit den nicht zum Reiche Pelo gehörenden pelojakidischen und sasukidischen Städten in den Südebenen, denen sie die Einbeziehung in den Handel mit den Südmeerreichen und Importe aus Shuimakija versprachen. Ein riesiges gemeinsames Heer des Städtebunds, einiger pelojakidischer Südstädte und einiger Sasukidenstädte machte sich in den Norden nach Pelokija auf. Peloja mußte seine Truppen aus Shuimakija zurückholen, um das schwache Südheer zu verstärken, das eine so mächtige Invasion nicht aufhalten konnte.
Im Frühjahr 3256 v.A. trafen die Heere der Sasukiden, der Südpelojakiden und des Städtebunds in den nördlichen Südebenen, etwa 130 Meilen südwestlich Pelojas auf ein Südheer Pelos. Dieses viel kleinere Heer Pelojas vollbrachte jedoch die erstaunliche Leistung, das riesige Invasionsheer auf seinem Zug auf Peloja aufzuhalten, bis bei den Invasoren die Nachricht eintraf, daß das Nordheer Pelos aus Suimakija im Anmarsch sei. Die pelojakidischen Südstädte und die Sasukidenstädte zogen darauf ihre Heere wieder ab und die Armee des Städtebunds mußte den Kampf abbrechen. Sie ging zurück auf die Schiffe und segelte zurück nach Shuimakija.
2. Diese Landung an der Küste der Südebenen hatte Peloja, das sehr selbstbewußt in den Krieg gezogen war, völlig überrascht. Die Pelojakidenstädte des nicht zum Reiche gehörenden Südens und die jungen Sasukidenstädte stellten sich durch ihr Bündnis mit dem Städtebund Shuimakijas plötzlich als ernste Bedrohung für das Reich dar, nachdem es jahrundertelang gelungen war, gelegentliche Angriffe dieser Städte mit Leichtigkeit abzuwehren und ein relativ kleines Heer genügt hatte, die Südgrenzen zu verteidigen. Das Vorhaben, Shuimakija zu isolieren und die pelojakidischen Städte des Städtebunds zu erobern, mußte aufgegeben werden, da man sich plötzlich in einen Zweifrontenkrieg verwickelt sah, mit dem man nicht gerechnet hatte. Peloja ging folgerichtig in den Monaten nach der erfolgreichen Abwehr der Invasion im Süden daran, Sasukija unter seine Kontrolle zu bringen. Man ging jedoch nicht etwa gegen die einzelnen Städte an, sondern versuchte, Sasukija von den Städten Shuimakijas zu isolieren, indem man ein Heer von 30000 Mann an der Westküste der Südebenen, etwa 280 Meilen südlich der Grenze Pelos, ein Lager anlegen ließ, das sich im Verlaufe des Krieges zu einer mächtigen Stadt entwickelte. `Noija Sharuja', so wurde das Lager benannt, war durch eine Straße mit Peloja verbunden, auf der alle 15 Meilen ein Kastell zu ihrer Sicherung angelegt war. Diese Straße zog sich bis tief nach Pelo hinein an der Küste entlang und diente damit auch ihrer Überwachung, um auf eine erneute Landung des Städtebunds schnell reagieren zu können. Das in Noija Sharuija, der `Festung am Meer', stationierte Heer hatte die Aufgabe, den Handel zwischen Shuimakija und den Städten Sasukijas zu stören.
Der Städtebund Shuimakijas jedoch legte an einem südlicher gelegenen Punkt der Ebenen einen künstlichen Hafen an, den die Schiffe aus den shuimakidischen Hafenstädten gefahrlos anlaufen konnten. Im Jahre 3252 v.A. war dieser Hafen fertig, etwa 150 Meilen südlich von Noija Sharuija gelegen. Sie nannten ihn Sasukeijo, den `Hafen in Sasu'. Über diesen Hafen gelang es, Waren aus Shuimakija in den Süden der Ebenen zu bringen, trotz des Heeres in Noija Sharuija. Die Städte des Südens hielten als Folge an ihrem Bündnis mit dem Städtebund im Norden fest und Pelo war gezwungen, das große Heer in Noija Sharuija fest im Süden zu stationieren. Noija Sharuija wurde fest ausgebaut und mit einer Mauer umgeben. Als Lager für 30000 Mann benötigte man einen enormen Troß und zahlreiche Werkstätten, die das Heer versorgten. Bald war das Lager eine Stadt mit etwa 100000 Einwohnern geworden, die umständlich und teuer aus Pelo versorgt werden mußte, da das Heer in Noija Sharuija genug mit der Sicherung der langen Küste zu tun hatte und sich nicht selbst aus den Städten Sasukijas versorgen konnte.
3. Die zwölf ehemaligen Koloniestädte Pelos im Städtebund nützten den Umstand aus, daß Pelo sein Nordheer stark hatte verkleinern müssen, indem sie darangingen, die verbleibenden Koloniestädte in Bashbakija zu bedrängen. Es gelang ihnen, einige der nördlicheren Kolonien zu erobern beziehungsweise, sie in den Städtebund zu werben. Im Jahre 3250 v.A. kontrollierte der Städtebund praktisch den gesamten Norden Bashbakijas bis zum Kettengebirge. Peloja sandte in diesem Jahr ein großes Expeditionsheer nach Norden los, das die verlorenen Kolonien zurückerobern und vorallem die heiligen Stätten der neuen Religionsauslegung im Kettengebirge zerstören sollte. 3249 v.A. schlug dieses Expeditionsheer ein Heer des Städtebunds in Bashbakija vernichtend. Es zog bis ins Kettengebirge und machte vier der sieben Königreiche der Bergbewohner Monakijas zu Kolonien Pelos, nachdem die Soldaten dieses Heeres erfahren hatten, daß sich im Gebiet dieser vier Königreiche mächtige Silberadern im Fels befanden. Die heiligen Stätten der neuen Religionsauslegung wurden zerstört und die Pilger dieser neuen Religion durften das Kettengebirge nicht mehr betreten. Peloja hatte zwar inzwischen die Mehrzahl seiner Kolonien in Bashbakija eingebüßt, doch reichte sein Herrschaftsgebiet jetzt bis ins Kettengebirge hinein. Seine Heere bedrohten weiterhin die neuen Bündnisstädte in Bashbakija und sogar Shuimakija selbst. Der Städtebund, der bei dem Handel mit den Städten Sasukijas ungeheure finanzielle Mittel aufwenden mußte, da diese ihm für die Weizenlieferungen im Grunde nichts gegenwertiges zu bieten hatten, drohte gegenüber seinen Söldnern zahlungsunfähig zu werden. Zudem hatten die Shuimakidensippen der Westmeerinseln Steuereintreiber geschickt, nachdem sie davon gehört hatten, daß sich ihre Städte in Shuimakija einen Krieg leisten konnten, der kein Überlebenskrieg war, sondern ein Krieg um Handelsvorteile. Diese Steuereintreiber hatten vom Städtebund in Shuimakija enorme Geldmengen als Beteiligung am Wohlstand des Städtebundes gefordert und mit der Entsendung einer Flotte gegen sie gedroht, wenn sie nicht bezahlen würden.
4. Im Jahre 3241 v.A. schlossen der Städtebund und Pelo einen Frieden, der dem Städtebund die Unabhängigkeit von Peloja gegen die Garantie von Weizenlieferungen und der Beteiligung Pelojas am Überseehandel Shuimakijas zusicherte. Peloja, das sich seit dem Besitz der Silberminen im Kettengebirge um den Preis des Weizens keine Sorgen mehr machen mußte, schloß diesen Frieden jedoch nur, um von nun an mit allen Kräften gegen die Sasukidenstädte und die südlichen Pelojakidenstädte vorzugehen. Man wollte sich mit Sasukeijo seinen eigenen Hafen erobern, um sich von den shuimakidischen Häfen unabhängig zu machen. Doch noch im Jahre 3241 v.A. wurde die Armee aus Noija Sharuija von den Sasukiden und den Südpelojakiden vernichtend geschlagen. Der Städtebund drohte Peloja mit der Annullierung des Vertrages, der Pelo die Beteiligung am Überseehandel garantierte, der Krieg drohte erneut aufzuflammen. Pelo, dessen Nordarmee tief im Kettengebirge stand und das ein riesiges, dicht bewaldetes Gebiet in Bashbakija zu überwachen hatte, wollte das Risiko eines neuen Waffengangs nicht eingehen, sondern zog es vor, das riesige neue Reichsgebiet erst einmal zu festigen, zumal man ja mit den Silberminen die Importe aus Shuimakija bezahlen konnte. So zog sich das Reich Pelo schließlich aus den Südebenen zurück.
Die Sasukidenstädte riefen im Jahre 3240 v.A. das Reich Sasu aus, 3238 v.A. erklärten sie Sasukeijo zu ihrer Hauptstadt, das Freihafen des Städtebunds blieb.
3236 v.A. schloß Pelo mit dem neuen Sasukidenreich Frieden und gab Noija Sharuija auf. Die geschlagene Armee in Noija Sharuija meuterte gegen die Priesterschaft in Peloja und blieb in der Stadt. Als der Krieg im Süden der Ebenen längst vorüber schien, gelang es Noija Sharuja, einige südliche Pelojakidenstädte zu unterwerfen und sie zu Tributen zu zwingen, von denen es sich ernähren konnte. Das neue Sasukidische Reich sah diesen Unruheherd unter den Pelojakidenstädten des Südens nur allzu gerne, da er diese Städte als Konkurrenten für das junge Sasu ausschaltete.
5. Betrachten wir nun die Gesamtheit des Landes das wir hier beschreiben wollen nach dem ersten Suimakidischen Krieg.
Pelo hatte die Mehrzahl seiner Kolonien im Norden an den Städtebund Shuimakijas verloren. Es war jedoch gelungen, das Reich zusammenzuhalten, das infolge des Aufstands der Koloniestädte drohte, sich in Städte, die gegen die Priesterschaft in Peloja opponierten und Städte, die ihr gegenüber loyal blieben, zu spalten. Pelo besaß noch immer genügend viele Kolonien in Bashbakija, um seine Bedürfnisse an Holz- und Metallieferungen zu decken und hatte noch die Silberminen in Monakija dazugewonnen. Die Weizenimporte aus dem Südmeerraum waren ihm vertraglich vom Städtebund verbrieft und es war genug Silber da, um sie zu bezahlen. Die vier unterworfenen Königreiche der Bergbewohner im Kettengebirge wurden zur Provinz Monakija zusammengefaßt, deren pelojakidische Hauptstadt Monageija, die `Bergstadt', in einem Hochtal des Kettengebirges lag. Eine Garnison von 10000 Soldaten hielt die Provinz in Schach und sicherte den Silberabbau im Gebirge. Sie machte auch alle Hoffnungen der pelojakidischen Städte des Städtebunds zunichte, die heiligen Stätten ihrer neuen Religionsauslegung zurückzugewinnen, in der das Kettengebirge wegen der klaren Sichtbarkeit des Kometen Pelo eine so zentrale Rolle spielte.
Das neue Sasukidenreich im Süden betrachtete man kaum als Bedrohung. Man konnte im Gegenteil seinen Hafen Sasukeijo gegen die shuimakidischen Häfen des Städtebunds ausspielen und bereute nicht allzusehr, daß es nicht gelungen war, Sasukeijo selbst zu erobern. Auch Noija Sharuijas Lossagung von Pelo war Peloja nicht unlieb, denn auf diese Weise entstand in den Südebenen kein solches Machtvakuum, wie es bei einer völligen Aufgabe der Stadt, wie Peloja sie zunächst angeordnet hatte, entstanden wäre. Man brauchte jetzt keine Allianz zwischen den Pelojakidenstädten der Südebenen mit den sasukidischen Städten mehr zu befürchten, da Sasu sich mit Sasukeijo seine Beteiligung am Überseehandel gesichert hatte und kein Interesse für Sasu bestand, die Pelojakidenstädte der Südebenen an ihm zu beteiligen.
6. Der Städtebund Shuimakijas hatte nach dem Krieg wohl die größten Schwierigkeiten von allen beteiligten Parteien, mit seinen Konsequenzen fertig zu werden. Man hatte zwar das Ziel der Unabhängigkeit von Pelo erreicht und auch einen Zugriff der Shuimakidensippen auf den Westmeerinseln verhindert, doch traten nach dem Wegfall der Bedrohung von außen die kulturellen Unterschiede und unterschiedlichen Interessen in den Vordergrund. Während die Shuimakidenstädte die Flotte und damit den Handel nach Übersee und mit Sasu kontrollierten, hatten die in Bashbakija liegenden Städte der Pelojakiden die Kontrolle über die Rohstoffresourcen des Bündnisses und den Handel mit Pelo. So entstanden in ihrem Reich, das sie Dwenageija nannten, das Bündnis der zwanzig Städte, im Grunde zwei Reichsteile mit zwei Hauptstädten: Shuimageija, die Hauptstadt der Shuimakiden, und der größte Hafen in Shuimakija, und Bashbageija, die größte Stadt der Pelojakiden in Bashbakija.
Man einigte sich auf Pelojakidisch als offizielle Landessprache sowie der Verwendung der pelojakidischen Schrift, denn Abwandlungen von beiden, pelojakidischer Sprache und Schrift, wurden sowohl in Pelo wie auch in Sasu gesprochen und geschrieben. Doch im shuimakidischen Reichsteil Dwenageijas wurde selbstverständlich die Muttersprache der shuimakidischen Bevölkerung weiter gesprochen, ein shuimakidischer Dialekt, und ebenso hatten die Shuimakiden ihre eigene Schrift mitgebracht und verwendeten sie auch weiterhin. Dwenageija war somit alles andere als eine homogene Einheit und die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe der Bündnisstädte blieben ein ernstzunehmender Zündstoff für Spannungen zwischen Pelojakidenstädten und den Hafenstädten der Shuimakiden im Reich.
7. Die Sasukidenstädte des Südens waren bereitwilligst auf das Bündnisangebot des Städtebunds eingegangen, das ihnen eine Beteiligung am Überseehandel garantierte, denn sie hofften auf Abnehmer für ihre Ledererzeugnisse im Südmeerraum. Aufgrund dieser Erzeugnisse allein blieben sie für Dwenageija noch nach dem Ende des Krieges als Handelspartner interessant, und Dwenageija überließ ihnen seine Gründung Sasukeijo gerne zur Hauptstadt, die die Sasukiden in ihrem Dialekt Sasugegyo nannten, denn die Kosten für einen militärischen Schutz dieses Hafens gegen Noija Sharuija hätte sich durch den Handel mit Sasu nicht ausgezahlt und Dwenageija hätte ihn aufgeben müssen. Doch Sasugegyo als Freihafen brachte den Reedern Dwenageijas wieder stattliche Gewinne. Sie kauften dort sasukidische Ledererzeugnisse und verkauften dort Öl und Gewürze aus den Südmeerreichen. Während des Krieges war Dwenageija zu teuren Subventionen des Weizenimports in die pelojakidischen Südstädte gezwungen gewesen, den diese für ihre Teilnahme am Bündnis gegen Pelo gefordert hatten, da diese Südstädte keinerlei Waren mit einem entsprechenden Gegenwert für diesen Weizen hatten anbieten können.
Die Sasukiden der Südebenen waren die großen Nutznießer des Krieges, denn sie schufen in seiner Folge ihr erstes Reich, das die pelojakidische Konkurrenz in den Südebenen weit abgeschlagen hatte und sofort direkt in den Überseehandel einstieg.
8. Noija Sharuija hatte sein Ernährungsproblem dadurch gelöst, daß es Tribute von den unterworfenen Pelojakidenstädten der Südebenen eintrieb. Es behielt die Heerstärke von 30000 Mann bei und gründete seinen Herrschaftsbereich ausschließlich auf das Heer, da es zwar am Meer lag, aber keinen Hafen und auch keinen Zugang zum Hafen Sasugegyos besaß und somit vom Handel völlig ausgeschlossen blieb. Es besetzte die Küstenkastelle bis tief nach Pelo hinein, um Pelo vom Meer abzuschneiden. Pelo reagierte auf diese Provokation jedoch überhaupt nicht und sie verursachte nur Noija Sharuija unnötige Kosten. Das nur 150 Meilen weiter südlich gelegene Sasugegyo versuchte man zur Zahlung von Geldern gegen das Angebot eines Nichtangriffspaktes zu bewegen, doch die Sasukiden ließen sich vom Heer Noija Sharuijas nicht beeindrucken, sondern errichteten 50 Meilen südlich von Noija Sharuija ihrerseits ein mit Steinmauern von 2 Klaftern Dicke versehenes Fort, um die Hauptstadt gegen Angriffe aus dem Norden zu schützen.
9. Die eigentlichen Verlierer des ersten Shuimakidischen Krieges, neben den von Peloja eroberten Königreichen im Kettengebirge, waren die pelojakidischen Städte der Südebenen. Der Zugang zum Überseehandel blieb ihnen verwehrt, zum einen, weil sie keinen Überschuß produzierten den sie hätten exportieren können, zum zweiten, weil ihnen Noija Sharuja den Zugang zum Meer verstellte und ihre Existenz als freie Städte bedrohte. In ihrer unmittelbaren Umgebung waren gleich zwei neue Konkurrenten erstanden, das sasukidische Reich und Noija Sharuija, deren jeweiliger innerer Stabilität als Machtgebilde sie nichts entgegenzusetzen vermochten. Als nach dem Krieg die vom Städtebund Dwenageijas subventionierten Weizensendungen ausblieben, fielen viele Pelojakidenstädte in die Armut zurück. Einige von ihnen baten sogar Noija Sharuija um Aufnahme in sein Herrschaftsftsgebiet. Auf der Gegenseite brauchte Noija Sharuija mit seinem ehemaligen Südheer Pelos von den südlichen Pelojakidenstädten nichts zu fürchten und konnte sich ganz seinem ersten Konkurrenten, dem neuen Sasukidenreich zuwenden.
Die verarmten Pelojakidenstädte unternahmen von Zeit zu Zeit den Versuch, Sasukidenstädte zu überfallen, doch Sasu hatte bald seine Grenzen durch befestigte Heerlager gesichert. Und so blieb den Pelojakidenstädten des Südens nur, ihre Agrikultur neu zu beleben, eine schwere Aufgabe, wenn man bedenkt, daß Importe von Metallen und Holz aus dem Norden für die Pelojakidenstädte nicht mehr zu bezahlen waren. Aufgrund des Überseehandels mit den Südmeerreichen war das Preisniveau für diese Güter aus dem Norden in ganz Peloja enorm gestiegen.
10. Wir wollen hier die erste Chronik der Geschichte unseres Landes schließen. Die ersten Bewohner unserer Landschaften sind beschrieben und die Vorkommnisse bis zum Ende des Ersten Shuimakidischen Krieges haben im Wesentlichen bereits alle geographischen Räume unseres Landes berührt. Gewiß waren den Pelojakiden und den Shuimakiden noch lange nicht alle Landschaften unseres Raumes bekannt. Sehr große Gebiete Asharas waren noch nicht urbar gemacht und den Menschen waren die Tiefen seiner Urwälder noch völlig unbekannt. Auch das Kettengebirge war, bis auf einige wenige Täler, unbekanntes Gebiet. Doch im Wesentlichen hatten die Völker dieser Zeit bereits ein detailliertes Verständnis für die Ausdehnung unseres Landes und seiner geographischen Begebenheiten.
Die weitere Entwicklung der einzelnen Siedlungsräume nach dem Ersten Shuimakidischen Krieg wollen wir in einer zweiten Chronik beschreiben, die dieser ersten angeschlossen werden wird. Ein weiterer, dritter Band wird ein schematishes Kartenwerk enthalten, mittels dessen die Vorstellung von den geograhischen Dimensionen der einzelnen geschichtlichen Ereignisse unterstützt werden soll.
Wir danken dem Leser für sein Verständnis für die vielleicht manchmal ungenügend genaue Darstellung einzelner Aspekte des geschichtlichen Ablaufs. Für eine völlig stimmige, detailgetreue Darstellung fehlen uns oft die eindeutigen Belege und viele Zusammenhänge können wir nur erahnen und mittels unserer Erfahrung und Phantasie ergänzen. Wir haben auf die Problematik bei der Auswertung der pelojakidischen Chroniken hingewiesen, und es läßt sich ergänzend sagen, daß uns aus der Frühzeit unseres Landes nur wenige Belege in Form von gefundenen Gegenständen oder Niederschriften zur Verfügung stehen. Zudem lassen sich solche Belege nicht immer eindeutig genau datieren.
Wir hoffen, trotz alledem einen plastischen Eindruck von der Erschließung unserer Landschaften gegeben und den Leser auf die weitere Entwicklung der Geschichte unseres Landes neugierig gemacht zu haben.
Taju zu Ashara
Z e i t t a f e l:
4300 - 4000 v.A. - Erste Besiedelung der Südeben und des Kettengebirges
Um 3850 v.A. - Beginn der Einwanderung der Pelojakiden
3801 v.A. - Jahr Null der Pelojakiden
3800 - 3750 v.A. - Eroberung der Südebenen durch die Pelojakiden
3789 v.A. - Ein Pelojakidisches Heer von 10000 Mann wird von den Hirtenstämmen vernichtet
3744 v.A. - Erster Peloumlauf nach 3801 v.A., 12 Pelojakidenstädte mit mehr als 5000 Einwohnern
3735 v.A. - Verbot der Pelojakiden, Männer der Hirtenvölker als Söldner zu nehmen
ab 3700 v.A. - Die Hirtenstämme erobern sich freie Gebiete
bis 3687 v.A. - Kampf der Pelojakidenstädte um die Vorherrschaft
3691 v.A. - Eine Stadt unweit des heutigen Sasu (seit 3687 v.A.- Peloja) unterwirft alle anderen Pelojakidenstädte
3687 v.A. - Zweiter Peloumlauf nach 3801 Gründung des Reiches Pelo, 20 Städte mit mehr als 5000 Einwohnern
3687 - 3630 v.A. - Erstes Reich Pelo, Die freien Hirtenstämme schließen sich zusammen. Übernahme des Ackerbaus und der Pferdezucht von den Pelojakiden. Etwa ein Drittel der Hirtenbevölkerung wird in pelojakidische Städte aufgenommen
3630 - 3573 v.A. - Zweites Reich Pelo, Einsetzende Holzverknappung führt zur Verarmung der Nordstädte. Zahlreiche Kriege der freien Hirten gegen Pelojakidenstädte
3580 v.A. - Ein Heer Pelojas wird von den verbündeten Nordstädten geschlagen
3573 v.A. - Die Nordstädte verkünden ihre Abspaltung aus dem Reich Pelo
3573 - 3516 v.A. - Drittes Reich Krise des Reiches durch die Abspaltung der Nordstädte und Offensive der Hirtenvölker
seit 3570 v.A. - Expeditionen der nördlichen Pelojakiden ins heutige Ashara
3560 - 3530 v.A. - Die unter dem Namen Sasukiden vereinten Hirtenstämme erobern beinahe den gesamten Süden der Südebenen, bevor sie von einem Heer der pelojakidischen Südstädte geschlagen werden
3543 v.A. - Eine pelojakidische Expedition erreicht das Kettengebirge. Verstärkte Siedlungstätigkeit der Nordstädte in Ashara
3525 v.A. - Zerstörung des ersten Peloja und Gründung eines neuen Reiches,das jedoch die Reichszählung des ersten Peloja beibehält. Neue Hauptstadt: Peloja, etwa 200 Meilen südlich der heutigen Grenze Asharas mit Sasu
3516 - 3459 v.A. - Viertes Reich Pelo. Verstärkte Ausbeutung der Metallvorkommen in Ashara durch Koloniestädte Pelos. Der Süden sinkt in die Bedeutungslosigkeit zurück.
seit 3500 v.A. - Entstehung sasukidischer Städte
seit 3450 v.A. - Erste schriftliche Zeugnisse aus sasukidischen Städten. Bereits ein Viertel der sasukidischen Bevölkerung lebt in Städten
3459 - 3402 v.A. - Fünftes Reich Pelo
3443 v.A. - Erster Kontakt von Kolonien der Pelojakiden in Ashara mit den Küstenstützpunkten der Shuimakiden
3402 - 3345 v.A. - Sechstes Reich Pelo. Die Kolonien Pelojas und die Küstenstädte der Shuimakiden florieren aufgrund des Überseehandels mit den Südmeerkulturen
3345 - 3288 v.A. - Siebtes Reich Pelo. Verstärkte Kolonialisierung Asharas. Neuauslegung der Peloreligion, die die Macht der Priesterschaft Pelojas bedroht
3328 v.A. - Edikt Pelojas verbietet Berichte über die bessere Sichtbarkeit des heiligen Kometen Pelo im Kettengebirge
3294 v.A. - Vertreibung der Priesterschaft Pelojas aus den mächtigsten Koloniestädten
3288 v.A. - Peloja läßt auf dem Fest zum Peloumlauf die Priester der revoltierenden Kolonien hinrichten
3288 - 3231 v.A. - Achtes Reich Pelo
3257 v.A. - Städtebund zwischen zwölf pelojakidischen Kolonien und den shuimakidischen Küstenstädten, der die Unabhängigkeit des Bundes von Pelo postuliert.(Dwenageija).
3257 - 3241 v.A. - Unabhägigkeitskrieg des Städtebunds gegen Pelo. (Erster Shuimakidischer Krieg).
3252 v.A. - Peloja gründet Noija Sharuija an der Westküste der Südebenen. Der Städtebund stellt im gleichen Jahr seinen Hafen Sasukeijo fertig, etwa 150 Meilen südlich von Noija Sharuija
3249 v.A. - Ein Expeditionsheer Pelojas schlägt ein Heer des Städtebunds in Bashbakija. Vier Königreiche Monakijas werden zur Provinz Monakija zusammengefaßt. Hauptstadt: Monageija
3241 v.A. - Frieden zwischen Pelo und dem Städtebund (Dwenageija). Das Südheer aus Noija Sharuija wird von den Sasukiden und Südpelojakiden geschlagen
3240 v.A. - Gründung des Reiches Sasu
3238 v.A. - Sasukeijo wird Hauptstadt Sasus (Sasugegyo)
3236 v.A - Pelo schließt Frieden mit Sasu und gibt Noija Sharuija auf. Das Heer in Noija Sharuija sagt sich von Peloja los und erobert einige der südlichen Pelojakidenstädte